zum Hauptinhalt

Kultur: Doppel-Händel

Der Rundfunkchor singt "Judas Maccabeus"VON FREDERIK HANSSENDie Gelegenheit, mit einer einzigen Eintrittskarte zwei Konzerte an einem Abend zu hören, bekommt man selten.Das Publikum der bis auf den letzten Stehplatz ausverkauften Aufführung von Georg Friedrich Händels "Judas Maccabeus" im Schauspielhaus erlebte im ersten Akt des Oratoriums einen Rundfunkchor, der sang, als hätte die sanfte Revolution der historischen Aufführungspraxis niemals stattgefunden: Weich und geschmeidig, erfüllt von seidenmatt schimmerndem Glanz ertönten die Klage- wie die Kriegsgesänge der unterdrückten Israeliten.

Der Rundfunkchor singt "Judas Maccabeus"VON FREDERIK HANSSENDie Gelegenheit, mit einer einzigen Eintrittskarte zwei Konzerte an einem Abend zu hören, bekommt man selten.Das Publikum der bis auf den letzten Stehplatz ausverkauften Aufführung von Georg Friedrich Händels "Judas Maccabeus" im Schauspielhaus erlebte im ersten Akt des Oratoriums einen Rundfunkchor, der sang, als hätte die sanfte Revolution der historischen Aufführungspraxis niemals stattgefunden: Weich und geschmeidig, erfüllt von seidenmatt schimmerndem Glanz ertönten die Klage- wie die Kriegsgesänge der unterdrückten Israeliten.So sehr verschmolzen die Stimmen dabei zu einem makellos glatten Klangbild, daß die melodischen Bewegungen der einzelnen Gruppen kaum noch auszumachen waren.Vor allem die wilden Schlachtrufe klangen eher nach dem Signal zu einem indoor-Getümmel mit Paraderüstung und Puderperücke.Als Kriegsschauplatz kam da allenfalls eine barocke Opernbühne in Frage. Nach der Pause, nach dem Sieg des Judas Maccabeus über die Feinde, folgte die Überraschung: Plötzlich tauchten im Chorsatz klare dynamische Impulse und geradezu gestische Akzentuierungen auf, plötzlich ließen sich die einzelnen Melodielinien leicht verfolgen.So, wie man heute gewohnt ist, "Alte Musik" zu hören, so wie es René Jacobs, Harnoncourt und Co.vorgemacht haben.Steckte da womöglich eine dramaturgische Absicht des Chorleiters und Dirigenten Robin Gritton dahinter, ein inszenatorischer Kunstgriff? Hatte er das unterdrückte, kraftlose Volk zunächst bewußt im romantischen Weichzeichnersound singen lassen, wie man ihn einst für Barockmusik schätzte, um dann einen stärkeren Kontrast zum befreiten Volk setzen zu können? Sollte der Wechsel zum neuen, zeitgemäßen Klangideal im zweiten und dritten Akt die Worte des Librettos unterstreichen, die von Hoffnung und erstarktem Gottvertrauen künden? So jedenfalls wurde dieser vom Rundfunk-Sinfonieorchester engagiert begleitete "Judas Maccabeus" doch noch zu einem spannenden, weil lebendigen Musiktheaterabend.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false