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Kultur: Dramenbedingungen: Berlins Kultursenator Stölzl holt sich einen Rat für die Künste

Am Ende konnte sich Christoph Stölzl einen Seufzer dann noch nicht verkneifen: "Ich komme mir vor, als müsste ich hier den Finanzsenator vertreten." Auch wenn die Beobachtung nicht einer gewissen Schlüssigkeit entbehrte - Berlins Kultursenator hätte klar sein müssen, dass der Termin beim 12.

Am Ende konnte sich Christoph Stölzl einen Seufzer dann noch nicht verkneifen: "Ich komme mir vor, als müsste ich hier den Finanzsenator vertreten." Auch wenn die Beobachtung nicht einer gewissen Schlüssigkeit entbehrte - Berlins Kultursenator hätte klar sein müssen, dass der Termin beim 12. Plenum des Rats für die Künste heikel würde. Schließlich war er als Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums selbst Wort führendes Mitglied in dem Gremium, das sich als Interessenvertretung aller Berliner Kulturmacher sieht. Da lassen sich trefflich Forderungen formulieren, vor allem wenn man ein brillanter Extemporierer ist wie Christoph Stölzl. Noch im März habe er den Satz geprägt "Das Geld folgt der Idee", erinnerte der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland am Montag Abend in der Akademie der Künste. Da hatte der Senator gerade 65 Minuten lang "in dürren Worten" (Stölzl) seine Prioritätenliste vorgetragen.

Viel war da vom strukturellen Defizit der großen Staatstheater die Rede, das mittelfristig nur durch sozialverträglichen Personalabbau und Einnahmesteigerungen in den Griff zu kriegen sei. Altbekannte Tatsachen, die doch kaum einer im Foyer des AdK-Saals gerne hören mochte. Auf seine elegante Art versuchte der Senator dennoch, die versammelte Berliner Kultur(politik)prominenz von der Notwendigkeit seines Pragmatismus zu überzeugen - und davon, dass er schon viel gelernt hat über die politischen Spielregeln in Berlin. Sollte er einen Etatposten noch nicht auf die Kommastelle genau im Kopf haben, ließe er sich gern vom anwesenden Klaus Wowereit korrigieren, bemerkte Stölzl immer wieder geschmeidig in Richtung des SPD-Fraktionsvorsitzenden. Überhaupt war der SPD-Chefhaushälter, der in der 2000-er Etatdebatte zur grauen Eminenz der subventionierten Kulturszene avancierte, der geheime Star des Abends.

Selbst Ivan Nagel ließ in der Diskussion Wowereits Namen fallen. Dem Theatermann brannte allerdings auch noch etwas anderes auf den Nägeln. Es ging ihm um die Nachfolge Ulrich Eckhardts bei den Berliner Festspielen: Anstatt erst besonnen über die Zukunftsperspektiven "der wichtigsten Kulturinstitution der Hauptstadt" zu diskutieren, werde hektisch nach einer Person gesucht, ohne dass klar sei, auf welcher Grundlage der künftige Festspielchef überhaupt seine Konzeption entwickeln solle. Darum fordere der Rat für die Künste eine Gedankenpause und eine Findungskommission wie im Wissenschaftsbetrieb.

Begehren, die das Rat-für-die-Künste-Mitglied Stölzl früher sicher mit unterschrieben hätte. Am Montag aber konterte er die Attacke mit kühlen Funktionsträgerworten: Erstens seien die Festspiele keineswegs der "Fokus aller deutschen Kulturaktivitäten", sondern eine Institution, deren Bedeutung von den Persönlichkeiten abhänge, die die Programme gestalteten, und zweitens ließen sich Intendanten nicht wie Professoren rekrutieren. Spitzenkräfte der Kulturszene würden grundsätzlich keine "Probevorträge" halten, weil schon die leiseste Andeutung einer Bewerbung ihre Aura nachhaltig beschädigen könnte. Darum sei der Weg der diskreten Sondierung diesmal genau der richtige gewesen. Der Senator will sich schließlich nicht überall dreinreden lassen - und sei es von einstigen Kampfgenossen.

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