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Kultur: Dunkle Geschichte

FILM

Sie war eine schillernde, eine unglückliche Figur: Sabina Spielrein, die 1904 als Hysterikerin in ein Zürcher Irrrenhaus gebracht wurde und dort bald zur Mitarbeiterin und Geliebten des Analytikers avancierte. Der hieß C.G. Jung. Und es war vermutlich diese amouröse Verstrickung, die dafür sorgte, dass ihr Name bald aus den Annalen der Psychoanalyse verschwand, obwohl sie eine der wenigen Frauen war, die in deren Frühzeit wissenschaftlich aktiv waren. Nur ein paar Fußnoten in Freuds „Jenseits des Lustprinzips“ gab es, als 1977 in einem Züricher Keller ein Koffer mit Schriftstücken gefunden wurde, die Spielrein 1923 bei ihrer Abreise in die Sowjetunion zurückgelassen hatte. Dort arbeitete leitete sie eine Klinik für Kinderpsychiatrie, bevor die Psychoanalyse unter Stalin in Ungnade fiel. 1941 wurde die russische Jüdin mit ihren beiden Töchtern von den deutschen Besatzungstruppen ermordet.

Wie lässt sich solch ein verdunkeltes Leben verfilmen? Wie ein Leitmotiv ziehen sich Schriftdokumente durch das Filmporträt der deutsch-schwedischen Regisseurin Elisabeth Márton . Gleich zu Anfang von Ich hieß Sabina Spielrein (Brotfabrik-Kino) sieht man deren Silhouette als Schattenriss auf dem Schreibtisch. Immer wieder vollgeschriebene Seiten und dicke Hefte, aus denen effektvoll gelesen wird. Mit ähnlicher rhetorischer Geste auch die fragmentarischen Nachinszenierungen: Biografisches geht über in Traumwelten – und der Streicherklag schwillt zum verschlungenen Baumpaar am See. Problematisch wird es dort, wo der Film Wahrheiten etwa über „männliche Logik“ und „weibliche Intuition“ verkündet. Am Ende bleibt der Wunsch, einmal selbst in Spielreins Schriften zu lesen.

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