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Edita Gruberova hat "La Straniera" auch auf CD eingespielt.

© Imago

Edita Gruberova an der Staatsoper: Die Belcanto-Königin

Edita Gruberova wird als Bellinis „La Straniera“ gefeiert, in einer konzertanten Aufführung an der Berliner Staatsoper im Schillertheater.

Das Zentrum bleibt erst mal unsichtbar. Es war ein charmanter Kniff von Vincenzo Bellini und Librettist Felice Romani, die Hauptfigur ihrer Oper „La Straniera“ beim ersten Auftritt nicht zu zeigen, sondern aus der Ferne oder – wie bei dieser konzertanten Aufführung der Staatsoper im Schillertheater – von der Seitenbühne singen zu lassen. Diese „Fremde“ ist Alaide, eigentlich Königin von Frankreich. König Philippe Auguste, der von 1180 bis 1223 regierte, muss Alaide aus politischen Gründen verstecken. Sie fristet als „Fremde“ ihr Dasein in einer Hütte am See und macht Arturo und Isoletta das Leben schwer. Die wollen heiraten, aber Arturo hat sich heimlich in die schöne Fremde verliebt. Mittelaltersehnsucht war kein exklusiver Tick deutscher Romantik, sondern kam auch im Italien Bellinis gut an.

Edita Gruberova macht hörbar, wie bedroht alles Leben ist und alle Kunst

Die Hauptrolle singt eine, die ebenfalls Fürstin ist: Edita Gruberova, die Belcantokönigin, macht nur noch, worauf sie Lust hat – zum Beispiel, sich für selten gespielte Opern Donizettis und Bellinis einzusetzen. Man begleitet sie auf der Reise durch die Register, hört ihr zu, wie sie sorgfältig jeden Ton modelliert, kurze Pausen macht, bevor sie zum Anlauf auf die Höhe ansetzt. Was für Glanz und Kraft hat diese Stimme noch, wenn sie ganz kommt! Ein Kampf, der scheinbar ohne Anstrengung geführt wird. Edita Gruberova zu hören, schärft das Bewusstsein für Bedrohung und Kostbarkeit allen Lebens, aller Kunst. Und weil sie das Stück gerade erst auf CD eingespielt hat und im Theater an der Wien szenisch aufgetreten ist, singt sie – als Einzige – alles auswendig und kann majestätisch die Bühne entlangwandeln.

Zur Seite stehen ihr formidable Partner. José Bros (Arturo) ist ein Powertenor mit Schmelz und leuchtendem Legato, Sonia Ganassi macht eine anrührende Charakterstudie aus der verlassen Isoletta. Peter Valentovic dirigiert die Staatskapelle aufmerksam und sorgfältig, wenn auch etwas buchhalterisch. Alfredo Daza singt den Baron Valdeburgo mit sinnlich berstendem Bariton. Dazu tolle Duette, Terzette, Tutti, berückende Soli (etwa für die Flöte in Isolettas zweiter Arie): Warum ist dieses Stück eigentlich vergessen? Der Abend: ein Triumph. Für Edita Gruberova, alle Beteiligten und für Bellini.

Schillertheater, wieder am 10. Juni, 20 Uhr

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