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Kultur: Ein Hoteldirektor boxt sich durch

THEATER

Zeigen heißt weglassen. Dass der als Dramatiker weitgehend unbekannte Max Beckmann wenig von dieser Prämisse hält, zeigt sein Drama „Das Hotel“ . Das Ensemble des Theaterforum Kreuzberg hatte sich das Stück vorgenommen und unter der Regie von Anemone Poland zur Uraufführung gebracht (bis 30. November Fr – So jeweils 20 Uhr). Es tat sich damit keinen Gefallen. Denn im Medium des Dramas erweist sich der Maler Beckmann als zu wortlastig und plakativ. „Das Hotel“ zeichnet in grellen Farben ein Bild zivilisatorischer Verderbtheit: Der Hoteldirektor Zwerch hat sich mit nach oben laviert. Die selbstlose Liebe seiner Frau opfert er dem Karrierekalkül. Sein Ehrgeiz macht ihn empfänglicher für die oberflächlichen Reize einer High Society, die in seinem Hotel ihren Lebensüberdruss zur Schau trägt. Im Spagat zwischen Eheleben und Affären verstrickt sich Zwerch und merkt am Ende, dass er sein Leben den falschen Idealen verschrieben hat. Doch es ist zu spät. Mit wenig Ironie und viel Penetranz formuliert „Das Hotel“ Einsichten, die heute zum gesicherten Erkenntnisbestand gehören. Anders, frischer und eindrucksvoller ist nur sein Gestus: Mit expressionistischem Oh Mensch!-Pathos, mit Auflehnung, Anklage und Schrei stellt sich Beckmann den geistig-moralischen Verflüchtigungen seiner Zeit entgegen. Doch das Ensemble kann Beckmanns Wortgewalt kaum bändigen. Gegen Ende erstickt es immer mehr unter seinen kaskadenartigen Deklamationen.

Thomas Thiel

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