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Kultur: Ein Jahr Spendenaffäre: "Die Last wird für die CDU immer leichter"

Vor einem Jahr übernahm Helmut Kohl die politische Verantwortung für die Führung verdeckter Parteikonten. Die Spendenaffäre brachte die CDU in eine schwere Krise.

Vor einem Jahr übernahm Helmut Kohl die politische Verantwortung für die Führung verdeckter Parteikonten. Die Spendenaffäre brachte die CDU in eine schwere Krise. Wie steht die Union heute da?

Die Partei hat sich erstaunlich schnell erholt - aber nur an der Oberfläche. Es ist bemerkenswert, wie gut die CDU in Umfragen dasteht. Sie steht heute in Umfragen nur noch vier bis sechs Prozentpunkte hinter der SPD. Verborgen wird darunter aber das eigentliche Problem: Die CDU hat ihre Rolle als Oppositionspartei bisher nicht gefunden.

Wieso?

Die CDU hat - ironisch gesprochen - das Pech gehabt, 1999 alle Landtagswahlen grandios zu gewinnen. Deswegen und angesichts des Spendenskandals hatte sie aber keine Zeit, ihre Rolle als Oppositionspartei zu finden. Das sieht man daran, dass die Partei immer wieder versucht, so genannte weiche Themen aufzunehmen, wie Einwanderung, doppelte Staatsbürgerschaft oder Homo-Ehe. Aber konzeptionell hat sie zur Regierung keine Alternative zu bieten.

Woran liegt das?

Die CDU versucht - verlockt durch den Wahlsieg in Hessen im Februar 1999 - immer noch, den bequemeren Weg zu gehen. Sie will über die Mobilisierung von Vorurteilen Wahlen gewinnen, statt eine alternative Programmatik zur Regierung zu entwickeln. Die Partei ist innerlich zerrissen und hat bisher keinen Konsens gefunden.

Wieweit wird die CDU öffentlich immer noch als Skandal-Partei wahrgenommen?

Das ist ganz stark abgeklungen. In den Umfragen müsste die CDU sonst zehn, zwölf Prozentpunkte hinter der SPD zurückliegen, und die Grünen und die FDP müssten zugewonnen haben. Aber das ist nicht der Fall. Die Last der Spendenaffäre wird für die CDU immer leichter, weil man sich in der Öffentlichkeit daran gewöhnt hat.

Dennoch konstatieren Beobachter, dass Helmut Kohl nach wie vor ein Ballast für die Partei sei. Muss die Union mit ihm brechen, um sich ganz vom Ruch der Affäre zu lösen?

Inzwischen hat sich das Verhältnis umgekehrt: Nicht die CDU müsste mit Kohl brechen, sondern Kohl hat - nicht zuletzt durch die Peinlichkeit des Tagebuchs - mit der CDU gebrochen. Er hat sich selbst vom Denkmal geholt. Und die CDU wäre jetzt in der Lage, sich wirklich von dem "großen Alten" zu emanzipieren.

Welche Auswirkungen hat der Parteispendenskandal über die Union hinaus?

Alle politischen Parteien - nicht nur die CDU - haben in den vergangenen zwölf Monaten versäumt, bezüglich der Parteifinanzen etwas zu unternehmen, damit sie nach außen wieder sauber dastehen. Das Problem ist, dass der Bundestagspräsident die Rechenschaftsberichte übeprüfen muss - und dadurch immer der Verdacht auftauchen kann, dass er parteiisch ist. Alle Parteien hätten angesichts des generellen Legitimationsdefizits, was sie durch die Spendenaffäre der CDU hatten, die Chance ergreifen müssen, im Parteiengesetz eine unabhängige Institution festzulegen, die staatsanwaltschaftliche Kompetenzen hat und von sich aus recherchieren kann. Diese Chance wurde verspielt - stattdessen haben sich alle Parteien durchgemogelt.

Vor einem Jahr übernahm Helmut Kohl die polit

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