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Kultur: Ein kundiger Führer zu den neuen Bauten der Bundeshauptstadt

Ablesbar an fieberhafter Bautätigkeit und nunmehr kristalliert im neuen Wahrzeichen der gläsernen Reichstagskuppel schlägt sich der Versuch nieder, Berlin wieder zur Hauptstadt der Deutschen zu machen. Die Regierungsverlagerung bewegt nicht nur die unmittelbar (Umzugs-)Betroffenen.

Ablesbar an fieberhafter Bautätigkeit und nunmehr kristalliert im neuen Wahrzeichen der gläsernen Reichstagskuppel schlägt sich der Versuch nieder, Berlin wieder zur Hauptstadt der Deutschen zu machen. Die Regierungsverlagerung bewegt nicht nur die unmittelbar (Umzugs-)Betroffenen. In einer wahren Flut von diesbezüglichen Veröffentlichungen ist nun ein erfrischend unprätentiöses Bändchen erschienen; es macht die kapitale Besitznahme fassbar, indem es sich auf die Bauten der offiziellen, öffentlichen Einrichtungen beschränkt.

In vier Rubriken - Parlament, Regierung, Ländervertretungen und Botschaften - gegliedert, gewährleistet es leichte Orientierung und schnellen Überblick über die aktuellen Projekte. Knappe, kundige und konzise Beschreibungen in Deutsch und Englisch und ein ausgewogenes Text-Bild-Verhältnis - das sind seine Vorzüge.

Fast beiläufig wird gezeigt, dass der "umgebaute" Deutsche Bundesrat in der Leipziger Straße, die Dorotheenblöcke und das Paul-Löbe-Haus von Stephan Braunfels nicht nur Arbeitsstätten des parlamentarischen Betriebes, sondern auch Bühnen für die Visualisierung politischer Macht sind. Und so abgedroschen das Thema auch erscheinen mag, es versteckt sich noch das eine oder andere Juwel im abgefeierten Alltag der Regierungsprojekte: beispielsweise die Landesvertretung Bremens oder die mexikanische Botschaft in der Klingelhöferstraße. Im Sinne eines Architekturführers vielleicht bedauerlich, hinsichtlich der Alltagswirklichkeit jedoch eher begrüßenswert ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt: "Stadtstrukturell haben die politischen Zentralorgane des vereinten Deutschlands Berlin weit weniger umgekrempelt als alle Staatswesen, die hier zuvor Heimstatt fanden." In seinem einleitenden Aufsatz fragt Hans Wolfgang Hoffmann darüber hinaus, wie der neue Dienstsitz den Bund verändert, sich auf das Getriebe der Demokratie auswirkt. Eine hinreichende Antwort darauf freilich lässt sich so leichthin nicht geben. Gleichwohl: Das Büchlein hält die Balance, indem es für den Laien verständlich ist, ohne für den Fachmann uninteressant zu sein.Bundeshauptstadt Berlin von Ulf Meyer, Jovis Verlag, Berlin 1999, 144 S., br. 29,80 DM

Robert Kaltenbrunner

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