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Kultur: Ein Platz an der Sonne

Die Arco in Madrid ist zum zentralen Kulturereignis für zeitgenössische Kunst in Spanien geworden

Die Arco ist weit mehr als eine Messe. Zwar kommen die 276 teilnehmenden Kunsthändler selbstredend zum Verkauf von Kunst in die spanische Hauptstadt, aber die Messe ist mit zahlreichen begleitenden Ausstellungen in ganz Madrid und einem einzigartig umfangreichen Begleitprogramm vor allem auch ein gesellschaftliches Ereignis, das in der Eröffnung durch den spanischen König am Mittwochabend seinen Höhepunkt fand. Als einzige spanische Kunstmesse hat die Arco den enormen Vorteil, dass sich hier alle treffen: Nicht nur Künstler, Galeristen, Sammler und Kuratoren, sondern auch Vertreter kleiner Museen aus den Provinzen oder zahlreicher privater Stiftungen, die hier Ausschnitte ihrer Sammlungen zeigen. Selbst große Tageszeitungen und die spanische Telefongesellschaft nutzen die Messe, um Kunstprojekte werbewirksam zu präsentieren. Und das Publikum ist begeistert: Im letzten Jahr sahen mehr als 170 000 Besucher die Messe – mehr als die renommierte Art Basel.

Nach Spanien, das mit 40 Prozent der Galerien die Arco auch optisch klar dominiert, stellen mit 28 Galerien die deutschen Kunsthändler den zweitgrößten Anteil. Vielfach stimmen sie ihre Präsentation auf den spanischen Geschmack ab, das heißt: Sie zeigen Malerei. Schon seit Jahren ist der Berliner Galerist Michael Schulz mit seinem Programm in Madrid äußerst erfolgreich. Auch in diesem Jahr läuft es prächtig: Kaum ausgepackt verkaufte er das Gemälde „Stalingrad III“ von Stephan Kaluza für 12 000 Euro an den französischen Sammler François Pinault. Am Eröffnungsabend erwarb dann ein Museum aus Bilbao das Gemälde „Kleiner Abstecher“ von Norbert Bisky für 11 000 Euro.

Auch die Galeristin Helga de Alvear wird ihren Stand wohl neu bestücken. Die Grand Dame der Gegenwartskunst in Madrid hatte schon vor der offiziellen Eröffnung Fotoarbeiten von Thomas Ruff (40 000 Euro), Axel Hütte (15 000 Euro) sowie Montserat Soto (5000 Euro) verkauft.

Die heitere Gelassenheit auf der Arco ermutigt viele Galeristen zu besonderen Präsentationen: Die Kölner Galerie Gmurzynska etwa zeigt seltene Werke der russischen Avantgarde-Bewegung Organica und Collagen von Solomon Telingater, einen Pionier der Fotokunst (je 35 000 Euro). An bewegte Meeresoberflächen erinnern gleich nebenan bei der Galerie Bischofberger die großformatigen Gemälde des Mallorquinischen Malers Miquel Barceló, die den gesamten Stand füllen. Fast unscheinbar hängt an der Außenwand eins der teuersten Werke der Messe: Jean-Michel Basquiats Gemälde „Bayon“ aus dem Jahr 1984 für 1 100 000 Euro.

Schätze von Picasso und Matisse sind bei Beyeler zu bewundern und natürlich wichtige Werke von dem großen Spanier Tàpies (zwischen 400 000 und 600 000 Dollar). Auch den Werken des im letzten Jahr verstorbenen spanischen Meisters Chillida begegnet der Besucher: etwa bei der Galerie Nothelfer aus Berlin oder in einer besonders eindrucksvollen Werkschau bei „Colon XVI“ aus Bilbao.

Mit verschiedensten Sonderpräsentationen setzt die Arco in den beiden luftigen Hallen Akzente: Mit der Präsentation einzelner Werke etwa, wie bei der Galerie Sonnabend, die ein sonniges Gemälde von Jeff Koons von New York nach Madrid brachte, oder die James Cohen Gallery, die Bill Violas jüngste Filmarbeit „The Last Angel“ präsentiert (140 000 Dollar). Gelungen ist auch der große Sonderbereich mit Galerien aus der Schweiz. In diesem Sektor setzen die Kunsthändler vor allem auf junge Kunst. Zu den Entdeckungen zählen hier die lichten Gemälde von Pia Fries bei der Galerie Mai 36. Nur ein paar Stände weiter überzeugt eine kleinteilige Kabinetthängung mit mehr als 200 Einzelwerken bei der Pariser Fotogalerie „1900-2000“ mit Preisen zwischen 1600 und 60 000 Euro – für einen Vintage Print von Henri Cartier-Bresson von 1932.

Das „Staatsunternehmen“ Arco investierte 5,5 Millionen Euro, um Kunstsammler aus aller Welt einzuladen. Eine Summe, bei der andere Messen kaum mithalten können. Inhaltlich nähern sich die international relevanten Kunstmessen immer weiter an. Die Luft für die kleineren wird dabei immer dünner.

Katrin Wittneven

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