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Kultur: Ein Platz an der Sonne

Allein wird keiner glücklich.Schon gar nicht auf dem Theater.

Allein wird keiner glücklich.Schon gar nicht auf dem Theater."Theater ist Teamwork, ständige Auseinandersetzung mit Menschen, das ist ein Grund, warum ich diesen Beruf ergriffen habe", sagt Johanna Wokalek, die gerade "sehr, sehr glücklich" ist.Soeben hat ihr die Schauspielerin Angelica Domröse beim Berliner Thetatertreffen den wiederbegründeten, mit 10 000 Mark dotierten "Alfred-Kerr-Darstellerpreis" verliehen: für ihre Rolle der Rose Bernd in Valentin Jekers Bonner Inszenierung von Gerhart Hauptmanns gleichnamigem Stück."Soviel Lob tut gut", freut sich die zur besten Nachwuchsschauspielerin des Festivals gekürte Vierundzwanzigjährige, blinzelt zufrieden und sucht sich einen Platz in der Sonne direkt am Eingang des Spiegelzelts vor dem Berliner Schiller Theater.

"Diese junge Schauspielerin ist mit dem Ensemble marschiert und hat sich durch ihre Eigenwilligkeit weit über den Durchschnitt erhoben." So hatte Laudatorin Domröse, von den Mentoren der neugegründeten Alfred-Kerr-Stiftung Günther Rühle, Herausgeber der Kerr-Gesamtausgabe, und Peter von Becker, Feuilletonchef des den Preis mitstifetenden Tagesspiegels, als Jurorin bestellt, kurz zuvor im vollbesetzten Spiegelzelt die Wahl begründet.Und geschwärmt: vom "eigenwilligen Grundton", den die zierliche, selbstbewußte Schauspielerin für ihre Interpretation der von den Männern geschundenen Bauerntochter Rose Bernd gefunden hat; von der "Unbeirrbarkeit", mit der die junge Kollegin "ängstlich, sich wundernd, sich wehrend", gezeigt habe, "daß das Fühlen und Vorzeigen großer Theaterfiguren oft durch das Herausfinden von sehr einfachen Haltungen entsteht".

Dreimal ist Johanna Wokalek, die bereits in Max Färberböcks "Aimée und Jaguar" als Hausmädchen Ilse im Kino aufgefallen war, beim diesjährigen Theatertreffen als Rose Bernd auf der Bühne des Schiller Theaters gestanden: "Ein wunderbares Haus, ein toller Raum." Jetzt ist es die Preisträgerin, die auf ihrem Platz an der Sonne ins Schwärmen gerät.Immer wieder habe sie über das "engagierte Festivalpublikum" gestaunt: "Da war eine Anteilnahme in der Luft, wie man sie sonst von der Bühne aus nur selten spürt." Eine solche Theaterbegeisterung kenne sie bislang nur aus Wien, wo sie der Schauspieler Paulus Manker einst für die Rolle der Polly in seiner Inszenierung der "Dreigroschenoper" "direkt aus dem Reinhardt-Seminar gefischt" hatte - woraufhin Intendant Manfred Beilharz sie vom Fleck weg in sein Ensemble nach Bonn holte.

Daß ihr nun ausgerechnet "die Domröse" ("eine großartige Schauspielerin") den in diesem Jahr nach fünfjähriger Pause wieder vergebenen Alfred-Kerr-Preis verliehen hat, "ist eine große Ehre für mich".Und ein Grund zum Feiern Über weitere Zukunftspläne möchte die begabte Neuentdeckte noch nicht sprechen.

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Keine Neuentdeckung, sondern eine "richtungsweisende, künstlerisch-innovative Gesamtleistung eines Künstlers aus dem Kreise der eingeladenen Inszenierungen" zu fördern, ist Ziel des "3sat-Innovationspreises".Der mit 20 000 Mark dotierte Preis wurde in diesem Jahr zum dritten Mal verliehen und ging an den österreichische Regisseur Martin Kusej, der mit seiner am Hamburger Thalia Theater entstandenen Inszenierung von Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald" zum diejährigen Theatertreffen eingeladen war.

Der 38jährige Kärntner machte zunächst mit verschiedenen, unkonventionellen, freien Produktion auf sich aufmerksam: beispielsweise seinem "Theater im Fluß" bei dem von George Tabori im Jahre 1992 veranstalten Kafka-Festival im italienischen Cividale.1993 inszenierte er zur Eröffnung der ersten Spielzeit des Stuttgarter Intendanten Friedrich Schirmer Grabbes "Herzog Theodor von Gotland" und stellte damit die Erwartungen des Staatstheaterpublikums derart nachhaltig in Frage, daß die Aufführung zum Skandal wurde.Für seine ebenfalls in Stuttgart entstandene erste Operninszenierung setzte er Sänger in Aquarien und machte aus Purcells Barockoper "King Arthur" ein spartenübergreifendes Großprojekt mit über 150 Beteiligten.

Kusej erhalte den Innovations-Preis "für seine gesamte Theaterarbeit bis heute", die niemals nur abbilde, "sondern den innersten Kern eines Stückes, des menschlichen Zusammenlebens erforscht und in neue, kraftvolle, überwältigende Bilder umsetzt", hieß es in der Begründung der Jury.

MARION AMMICHT

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