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Kultur: Ein schwerer Fall

Christiane Peitz über die Kunst, Brücken zu klauen

Picasso, van Gogh, Monet, Degas, Cézanne – und nun eine Eisenbahnbrücke. Ja, doch: Während die Serie der spektakulären Kunstraube in der Schweiz nicht abreißt – gestern wurde bekannt, dass nach den Museumsdiebstählen auch aus Privathäusern wertvolle Gemälde entwendet wurden –, ist im tschechischen Grenzort Cheb eine vier Tonnen schwere Eisenbahnbrücke verschwunden. Erst hat’s keiner gemerkt, weil die Brücke an einer nicht genutzten Bahnstrecke lag, aber irgendwann fiel die Lücke auf. Vier Ölgemälde im Wert von 113 Millionen Euro zu stehlen, dauerte im Schweizer Nobelort Seefeld ganze drei Minuten, Waffengewalt war im Spiel. Wie lange dauert die Verschleppung einer Brücke? Zerlegt der Dieb sie vorher, oder schafft er eine mobile Schmelzerwerkstatt herbei? Und verscherbelt er die Stahlkolosse auf Ebay?

„Wir sind nicht sicher, ob der Gegenstand für den persönlichen Gebrauch gedacht war oder wegen seines Werts gestohlen wurde.“ Die Stellungnahme der Polizeisprecherin erinnert daran, dass auch Kunst immer seltener fürs eigene Wohnzimmer und immer öfter wegen ihres schieren Materialwerts entwendet wird. Metalldiebstahl als Mundraubzug: ein neuer Trend, wegen der drastisch gestiegenen Rohstoffpreise. Öl wird bekanntlich auch immer teurer.

Schon 2006 mussten deshalb rund 20 riesige Bronzeskulpturen in und um London dran glauben, auch ein „Liegender“ von Henry Moore wurde mit einem eigens gestohlenen Lastwagen weggekarrt. Vielleicht dachten die tschechischen Diebe ja, die Brücke sei ein Kunststück. Oder haben die Dresdner Waldschlösschen-Brückengegner ihren Protest am falschen Objekt manifestiert?

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