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Kultur: Ein Wassermann zeigt, was er kann

Nikolaus Harnoncourt, der leidenschaftliche Klangredner, erwies sich bei seinem Dvorak-Abend mit den Philharmonikern als kraftvoll forschender und kritischer Geist. Zwar stellte er nicht in Abrede, dass der Tscheche eine Musikantennatur schlechthin darstellt, aber er ließ in der ihm eigenen, leicht bissigen musikalischen Beweisführung keinen Zweifel daran, dass jenes Bild vom böhmischen Landschafts-Tonmaler eine fatale Einengung bedeutet.

Nikolaus Harnoncourt, der leidenschaftliche Klangredner, erwies sich bei seinem Dvorak-Abend mit den Philharmonikern als kraftvoll forschender und kritischer Geist. Zwar stellte er nicht in Abrede, dass der Tscheche eine Musikantennatur schlechthin darstellt, aber er ließ in der ihm eigenen, leicht bissigen musikalischen Beweisführung keinen Zweifel daran, dass jenes Bild vom böhmischen Landschafts-Tonmaler eine fatale Einengung bedeutet. Da macht Harnoncourt natürlich nicht mit - auch nicht bei der unbekannten und ziemlich grausigen sinfonischen Dichtung "Der Wassermann". Es ist ein so wundersames wie widerborstiges Stück, das auch die Philharmoniker nicht im Schlafe hinlegen. Da ist nicht zu überhören, dass Dvoraks disparate Erzählweise bereits auf die eines Janacek oder Mahler vorausweist.

Mit bestechender Folgerichtigkeit lieferte Harnoncourt dann den Nachweis, dass Dvoraks G-Dur-Sinfonie kein belangloses pastorales Stück ist, sondern ein Werk, in dem trotzige Gebärden geradezu mit Händen zu greifen sind. Die luxuriöse Klangpracht, die Karajan bei Dvorak nicht missen wollte, schenkt sich Harnoncourt. Er legt dafür mit den in exquisiter rhetorischer Bravour musizierenden Philharmonikern eine tiefe Affinität zu den Spracheigentümlichkeiten Dvoraks an den Tag.

Dabei setzen allerdings nicht nur manche wild herausgestemmte Ausbrüche und eigensinnige Nuancierungen (die sich schnell abnützen) in Erstaunen, sondern auch manche kammermusikalisch delikate "Szenen" im Scherzo. Die einschmeichelnd-charmanten Töne im Trio ließen Dvoraks Schubert-Zuneigung deutlich erkennen. Süße Seligkeit ist auch nicht die Sache von Thomas Zehetmair. In extrem ausdrucksstarker, mitunter geradezu aggressiver Weise geigte er Dvoraks a-Moll-Violinkonzert. Im ersten Satz wirkte sein kerniger, streng durchmodellierter Geigenton schon mal leicht heiser. Das Adagio kam dafür in ergreifender, beinahe ätherischer Zartheit herüber. Ein elektrisierend geistvoller Dvorak - ohne den alten Ballast.

Eckart Schwinger

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