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Kultur: Ein windiges Blatt

Panorama: „Herr Wichmann von der CDU“ von Andreas Dresen

Er ist jung, blass, mit Brille. Ein 25-jähriger Jurastudent, ein Schnösel. Gestreiftes Hemd, Krawatte, dickes Auto. Herr Wichmann von der CDU ist jung, ehrgeizig, konservativ. In Altersheimen kommt er gut an, der perfekte Enkel oder Schwiegersohn. Bei den Stammtischen weniger, dort, wo man alkoholselig schimpft, es gäbe zu viele Ausländer im Land – da kann er noch so oft betonen, er sei einer von hier.

Einen Monat lang hat Filmregisseur Andreas Dresen den CDU-Kandidaten der Region Uckermark/Barnim im Wahlkampf begleitet. Ein Dokumentarfilm für die Reihe „Denk ich an Deutschland“ ist entstanden, Momentaufnahmen vor der Wahl, fair, doch streckenweise voll unfreiwilliger Komik. Wichmann verteilt Prospekte, klebt Plakate, besucht Altersheime: ein 24-Stunden-Job bei Wind und Wetter. Dass sich seine Sprüche wiederholen, merkt der Zuschauer erst mit der Zeit. Das Wahlvolk merkt es auch, vielleicht: Am Ende hat Henryk Wichmann für die CDU in Barnim gerade ein Prozent hinzugewonnen.

Sympathien für den Wahlkampf der CDU hätte man Dresen nicht unbedingt zugetraut. Für skurrile Typen hingegen schon, das hat er spätestens mit „Halbe Treppe“ bewiesen. Und was könnte skuriler sein als ein 25-jähriger CDU-Nachwuchspolitiker, der versucht, seinen Wahlkreis in der Uckermark als Direktkandidat zu gewinnen? Uckermark, das sind Felder, Wälder, Wiesen. Und auf den Wiesen Einkaufszentren, und hinter den Wäldern noch einige wenige Holzmühlen. Sonst viele Plattenbauten, leere Fußgängerzonen und eine ziemlich frustrierte Bevölkerung. Ost-Tristesse pur, wie schon in Dresens letztem Film, und doch, wie schon dort, gar nicht so anders als anderswo.

Herr Wichmann kämpft mit den üblichen Argumenten: Der SPD-Kandidat? Feiert nur Geburtstag und tut sonst nichts fürs Land. Die Grünen? Schützen Frösche und verhindern damit Industrieansiedlungen. Die Ausländer? Dürfen bleiben, wenn sie arbeiten, sonst nicht. Und er selbst? Will frischen Wind ins Land bringen. Der Wind allerdings weht so frisch, dass er Sonnenschirme, Plakate, Handzettel immer wieder wegweht. Die CDU in Mecklenburg verbreiten zu wollen, das ist ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Ob Herr Wichmann ihn gut gekämpft hat, das ist nicht nur eine Frage des Stimmzettels. Es ist auch eine Frage der persönlichen Einstellung.

Heute 17 Uhr, morgen 20 Uhr, 14.2., 14.30 Uhr (jeweils Cinestar 7), 15.2., 14.30 Uhr (International)

Christina Tilmann

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