zum Hauptinhalt

Kultur: Eine Berliner Ausstellung zeigt, wie sich die Römer mit der Moderne versöhnen

Wer sich heute als Besucher ins historische Zentrum Roms begibt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Restaurierte Palazzi, verkehrsberuhigte Zonen und von Autos befreite Plätze lassen wieder erahnen, wozu die Piazza einmal gedacht war: Treffpunkt der Bürger und öffentlicher Raum, in dem sich das Selbstverständnis einer Stadtgesellschaft immer neu herausbilden musste.

Wer sich heute als Besucher ins historische Zentrum Roms begibt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Restaurierte Palazzi, verkehrsberuhigte Zonen und von Autos befreite Plätze lassen wieder erahnen, wozu die Piazza einmal gedacht war: Treffpunkt der Bürger und öffentlicher Raum, in dem sich das Selbstverständnis einer Stadtgesellschaft immer neu herausbilden musste. Obwohl immer noch viele Baustellen und Gerüste von den Jubiläumsanstrengungen zeugen, ist schon zu erkennen, dass sich Rom im neuen Jahrtausend als Wiederauferstandene präsentiert. "Cento Piazze", hundert Plätze hat der rot-grüne Bürgermeister Francesco Rutelli sein Programm genannt, mit dem er Rom wieder lebenswert machen wollte sowohl für seine Bewohner als auch für Besucher. Und eine Wiederauferstehung hatte die Stadt nach Jahrzehnten der Misswirtschaft, Korruption und Günstlingswirtschaft wahrlich nötig.

Doch während den Touristen meist nur die historische Innenstadt mit den zuletzt wunderbar restaurierten Museen der Galleria Borghese, Palazzo Altemps, der Nerovilla Domus Aurea und den Diokletiansthermen interessiert, nützt man hier den Schwung des "Grande Giubileo" der katholischen Kirche zu einem weitaus ehrgeizigeren Projekt: Der Versöhnung Roms mit der Moderne. Denn was seit den fünfziger Jahren in der Peripherie entstand, lässt die Moderne in keinem guten Licht erscheinen. Quantität statt Qualität ist noch die euphemistischste Bezeichnung für eine von Bauspekulanten vorangetriebene Metastasenbildung, während derer ganze Viertel illegal entstanden, nachträglich legalisiert wurden und somit jedem Versuch städtebaulicher Zähmung hohnlachten. Die Stadt lief wie ein geplatzter Wasserballon in ihr Umland hinein, ohne Plan, Sinn und Verstand. Es enstanden keine Unterzentren, die im Kleinen städtische Funktionen hätten übernehmen können.

Seit Anfang der neunziger Jahre setzt jedoch Umdenken ein. Die Mitte-Links-Koalition geht im ganzen Land inzwischen konsequenter gegen illegal errichtete Bauten vor. Andererseits weiß die Stadtregierung Rutellis auch, dass es mit Verschönerungen und Restaurierungen im Innenstadtbereich nicht getan ist, denn in der römischen Peripherie liegen die wahren städtebaulichen Herausforderungen: Hier müssen öffentliche Plätze geschaffen werden, Zentren enstehen, die die verkehrsumflutete Altstadt entlasten.

Einen kleinen Einblick in schon durchgeführte oder geplante Projekte zur Erneuerung Roms gibt nun die Ausstellung "Projekt Rom: Die Stadt des neuen Jahrtausends" im Italienischen Kulturinstitut Berlin. Ihr Leitmotiv ist die "Parallelaktion": Hier die Erhaltung des Alten, wie die Ausgrabungen bei den Kaiserforen, die restaurierten Museen und vom Asphalt befreite Plätze. Dort ehrgeizige Neubau-Projekte wie die käferartigen Konzertsäle von Renzo Piano am Abhang des Parioli-Hügels oder die gewagte Kirche von Richard Meier für die Vorstadt Tor Tre Teste. Und manchmal berühren sich Alt und Neu, Antike und Moderne sogar und gehen eine reizvolle Verbindung ein. Den Anfang machte das schon 1997 als Museum wiedereröffnete Elektrizitätswerk von Montemartini. Die hier zunächst nur versuchsweise ausgelagerten antiken Statuen der kapitolinischen Museen entfalten im Kontrast zu den Zeugnissen des Industriezeitalters ihre geheimnisvolle Kraft. Ähnlich die Diokletianthermen: Der große achteckige Kuppelsaal wurde am Anfang des Jahrhunderts in ein Planetarium umgewandelt, jetzt beherbergt er wieder antike Skulpturen. Allein die kuppelförmige Netzstruktur, die einmal die Projektionsfläche des Planetariums trug, ist geblieben und verleiht dem Raum nun eine elegante Feingliedrigkeit.

Für ein interessantes Zusammentreffen sorgt wieder der amerikanische Stararchitekt Richard Meier: Er soll die neue schützende Hülle über dem Friedensaltar des Augustus, dem Ara Pacis, bauen. Die in Kuben und Scheiben aufgelöste Meiersche Moderne wird da zum würdigen Rahmen für den ebenfalls quaderförmigen, mit Reliefs versehenen Altar. Zudem greift sie gliedernd in die vom Tiber geprägte Umgebung ein.

Mit seiner einzigartigen Substanz hat Rom das Zeug, nach Jahren der Vernachlässigung wieder eine der attraktivsten Metropolen Europas zu werden. Die gilt allerdings nur, wenn die Aufbruchstimmung und der Reformeifer das heilige Jahr überdauern.Italienisches Kulturinstitut, Askanischer Platz 4, bis 4. Januar; Montag bis Donnerstag 10-16 Uhr, Freitag 10-14 Uhr, Katalog (Gangemi Editore) 50 Mark.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false