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Kultur: Eine Geschichte vom Wir

Bundespräsident Rau eröffnet den Deutschen Historikertag

Bundespräsident Johannes Rau sieht vor dem Hintergrund der Zuwanderung in Deutschland auch eine neue Rolle für die Geschichtswissenschaft. Integration und das Finden eines „Wir“ sei das Gebot der Stunde. „Dafür genügt das Lernen der deutschen Sprache allein nicht“, gab das Staatsoberhaupt am Dienstag bei der Eröffnung des Deutschen Historikertag in Halle zu bedenken. Eine Gesellschaft konstituiere sich durch gemeinsame Erzählungen und eine Geschichte. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, müsse die ganze deutsche Geschichte „neu in den Blick genommen werden“ – denn heute stellten sich die Frage nach dem „Wir“ dieser Geschichte ganz anders als noch vor 30 Jahren. „Geschichtsverlust bedeutet Identitätskrise und Identitätsverlust“, sagte Rau in seiner Ansprache.

Zu den Herausforderungen an die Geschichtswissenschaft gehöre es auch, eine gemeinsame Geschichte von Ost- und Westdeutschen zu erzählen. „Vielleicht kann uns das so gelingen, wie die bayerische oder die preußische Geschichte Teil unserer gemeinsamen deutschen Geschichte geworden sind“, regte der Bundespräsident an.

Gleichzeitig warnte Rau davor, die deutsche Geschichte auf die Zeit des Nationalsozialismus zu reduzieren – so wichtig es sei, dass das Interesse daran nicht versiege. „Es gibt eine lange Geschichte vorher, und die ist wichtig, um zu verstehen, wer wir sind.“ Nicht nur die politische Geschichte, auch die Geschichte der Kultur und der Mentalität sei aufschlussreich für das heutige Selbstverständnis der Deutschen.

Mit seiner Rede eröffnete Rau den 44. Deutschen Historikertag, dessen erster Tag dem Gedenken an den 11. September gewidmet war. Bis zum Freitag werden rund 3000 Historiker aus dem In- und Ausland unter dem Motto „Traditionen – Visionen“ über Themen von der Antike bis zur Zeitgeschichte beraten. Bärbel Schubert

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