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Kultur: Einer muss gewinnen

Gerrit Bartels über die Forderung, den Deutschen Buchpreis abzuschaffen

Besseres kann dem Deutschen Buchpreis nicht passieren. Er steht in der Diskussion, und berühmte wie nicht so berühmte Schriftsteller fordern seine Abschaffung. Daniel Kehlmann hat diese Woche in der „FAS“ davon geträumt, wie schön es wäre, würde der Buchpreis wieder abgeschafft werden, und das Prozedere von Longlist- und Shortlist-Bekanntgabe und Verleihungszeremonie als „entwürdigendes Spektakel“ bezeichnet. Auch Michael Lentz, Monika Maron, Julia Franck oder der einst den Preis mit aus der Taufe hebende Bodo Kirchhoff mosern, sind entsetzt und votieren für Abschaffung. Denn, so Lentz, „die ganze Branche schaut nur noch auf den Buchpreis“, der habe nichts mit Literatur zu tun. Traurig, traurig das alles, fürwahr.

Nur liegt es in der Natur von Literaturpreisen, das sie genauso viel mit Geld und Gerede wie mit Literatur zu tun haben, wenn nicht gar mehr. Ihre Wertigkeit verdankt sich nicht zuletzt oft dem Preisgeld. Und Buchmarkt und Literatur sind sowieso zwei sich sehr fremde Planeten, und um den Buchmarkt ging es den Erfindern des Buchpreises von Beginn an, da haben sie nie einen Hehl draus gemacht. Dass sich aber die Rezeption von neuer deutschsprachiger Literatur nur noch auf die zwanzig Titel der Longlist konzentriert, laut Kehlmann „ein offenes Geheimnis“, ist wohl doch mehr ein Gerücht.

Umgekehrt wird eher ein Schuh draus: Nach Inspektion der Listen lässt sich noch viel lustvoller im Feuilleton Platz für die Bücher von Christian Kracht, Steffen Kopetzky, Volker Braun, Alina Bronsky oder Gunther Geltinger freiräumen. Entdeckungen, Babies, Entdeckungen! Und wer erinnert sich noch an Pierangelo Maset? Oder weiß, dass Thommie Bayer einmal auf einer Longlist stand? Interessant wäre es zudem zu erfahren, was für einen Schub eine Autorin wie Olga Flor nach ihrer Longlistnominierung auf dem Markt bekommt. Ob sie jetzt wirklich besser dasteht als ein Debütant wie Gunther Geltinger? Am Ende ist das alles vor allem ein Spiel, das viel Spaß macht, genauso wie etwa alljährlich vorab zu diskutieren, wer den Literatur-Nobelpreis bekommt. Und zu diesem schönen Spiel gehört auch die Forderung, selbiges zu beenden oder abzuschaffen. Dumm nur, dass dieses Jahr nur einer den Preis gewinnen kann: Uwe Tellkamp mit seinem großartigen Roman „Der Turm“. Aber wehe, wenn nicht!

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