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Kultur: Einsam im All

LICHTINSTALLATION

Die Elisabeth-Kirche in der Invalidenstraße ist leicht zu verfehlen. Wie verschleiert steht der eingerüstete Schinkel-Bau da. Im dämmrig-nebligen Winterlicht hat man den Eindruck, auf ein schlafendes Tier zu treffen. Wer das klassizistische Gebäude betreten will, muss erst den Kirchgarten und schließlich eine matschige, von Brettern nur dürftig gesicherte Freifläche durchqueren. Ein paar Bauarbeiter schauen fragend, da hat man aber schon das Portal geöffnet und steht plötzlich am Strand. Doch nein, es ist nur allerfeinster Sand, der einem unter den Füßen knirscht und für einen Moment die Wunschträume obsiegen lässt.

Ausgestreut liegt er im Innenraum von St. Elisabeth . Er passt vortrefflich zu den schwebend-leichten Lichtspielen Takuro Osakas und Satoshi Otsukas (bis 31. Januar, Mittwoch bis Sonntag 13–20 Uhr). Denn schaut man in die Höhe, befindet man sich gleich wieder an einem anderen Ort: unter den Sternen. Auf der Altarseite hat Takuro blaue, auf der Frontseite rote Lichtpunkte angebracht, insgesamt 30000. Sie reagieren durch einen Sensor auf kosmische Strahlung, leuchten unvorhersehbar auf, um bald wieder wie Sternschnuppen zu verglimmen. Inmitten des Raumes stehen sich zwei hölzerne Wände gegenüber, in die Satoshi Spiegel eingelassen hat. Zwischen ihnen sieht sich der Besucher ins Unendliche vervielfältigt und von einem gebündelten Lichtstrahl durchdrungen. Ein wenig kommt man sich vor wie eine Marssonde, im Fadenkreuz der Astronomen und doch einsam in der Weite des Alls. Von solcherart interstellaren Gedanken beflügelt, verlässt man die Kirche, grüßt die Bauarbeiter und findet den Winter nicht mehr gar so kalt.

Tobias Lehmkuhl

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