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Kultur: Eisenmans Antwort

Zwei Monate lang wurde das Modell gehütet, als ob es sich um den Entwurf für eine Geheimdienstzentrale handelte, und nun, wo die Politik das armseligste Schlupfloch gefunden hat, um sich vor einer Stellungnahme zu drücken - nämlich die Vertagung auf die Zeit nach dem Urknall der Bundestagswahl -, da also wird Peter Eisenmans Überarbeitung seines Vorschlags für das Holocaust-Denkmal endlich öffentlich gemacht.Für den Architekten ist dieses Vorgehen eine Ohrfeige, und der Öffentlichkeit signalisiert es eine Mißachtung, die alle vorangegangenen Beschwörungen von "Streitkultur" zu Wortblasen stempelt.

Zwei Monate lang wurde das Modell gehütet, als ob es sich um den Entwurf für eine Geheimdienstzentrale handelte, und nun, wo die Politik das armseligste Schlupfloch gefunden hat, um sich vor einer Stellungnahme zu drücken - nämlich die Vertagung auf die Zeit nach dem Urknall der Bundestagswahl -, da also wird Peter Eisenmans Überarbeitung seines Vorschlags für das Holocaust-Denkmal endlich öffentlich gemacht.Für den Architekten ist dieses Vorgehen eine Ohrfeige, und der Öffentlichkeit signalisiert es eine Mißachtung, die alle vorangegangenen Beschwörungen von "Streitkultur" zu Wortblasen stempelt.Denn Eisenmans Entwurf steht zur Entscheidung bereit.Alle Argumente, die an dem konkreten Vorschlag von Eisenman (und seinem anfänglichen Ko-Autor Serra) hin- und hergewendet worden sind, finden jetzt ihre Antwort.Die Überarbeitung des New Yorker Architekten hat alles auftrumpfend Überwältigende hinter sich gelassen und fügt sich in den Stadtraum ein, ohne sich klein zu machen oder gar niedlich zu werden.Die sinnliche Überwältigung des Besuchers durch die schiere Größe ist zurückgenommen auf ein Maß, das Raum läßt und Raum gibt zur Besinnung.Der unvorbereitete Passant prallt nicht erschrocken zurück, sondern wird irritiert und veranlaßt, Sinn und Symbolik des Denkmals zu ergründen.Soweit man vom Augeneindruck des Modells her - dem unverständlicherweise die heute üblichen Hilfsmittel der Computersimulation nicht beigegeben wurden - urteilen kann, hat Eisenman die Kritik an der Erstfassung überzeugend berücksichtigt.

Bleibt also die - zuletzt wieder in den Vordergrund gerückte - Grundsatzfrage nach Sinn und Berechtigung eines Denkmals in einer Stadt, die zahlreiche authentische Orte der schrecklichen Geschehnisse aufweist, vor allem aber in absehbarer Zeit die musealen Stätten "Topographie des Terrors" und Jüdisches Museum, die den Holocaust darstellen und in die Geschichte einfügen werden.Aber auch diese Grundsatzfrage ist gestern nicht beantwortet, ja noch nicht einmal neuerlich gestellt worden.

Was Eisenman tun konnte, hat er getan.Die Last der Entscheidung obliegt der Politik, ob jetzt oder nach dem 27.September.

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