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Wunderbar lyrischer Ton. Die Mezzosopranistin Elina Garanca.

© Felix Broede/promo

Elina Garanca in der Philharmonie: Betörende Arien

Äußert stilsicher. Die lettische Mezzosopranistin Elina Garanca singt die großen dramatischen Partien aus den Verismo-Opern des 19. Jahrhunderts in der Philharmonie.

Natürlich klappern am Ende dieses Konzertabends die Kastagnetten. Elina Garanca singt „Granada“ und bekommt dafür vom Publikum den verdienten Applaus. Sie hätte auch etwas aus der „Carmen“ nehmen können, die Rolle, in der die lettische Mezzosopranistin über Jahre hinweg glänzte. Aber dieses Kapitel ist abgeschlossen. Die großen dramatischen Partien aus dem späten 19. Jahrhundert, aus den Verismo-Opern eines Pietro Mascagni oder Francesco Cilea sind es, in denen Elina Garanca jetzt mühelos ihre neue stimmliche Heimat gefunden hat. Nach der Geburt des zweiten Kindes und mit Anfang 40 sei so ein Stimmwechsel in dunklere Lagen notwendig, hat die Sängerin mehrfach freimütig bekannt.

Nach einem herrlichen getupften „Schwanensee“-Walzer beginnt die große Gesangsgala mit „Orleanskaya dewa“, Peter Tschaikowskys russischer Oper über die „Jungfrau von Orleans“. Das Lied über Johannas Abschied, „Lebt wohl, Hügel und Felder der Heimat“, trägt Elina Garanca auf Russisch vor, mit wunderbar lyrischem Ton und in nachdenklicher, theatralisch fein dosierter Gestik. Diese Johanna ist noch nicht mit flammendem Schwert, aber schon sehr entschlossen unterwegs.

Ein perfekt sitzender Sprung in die Höhe

Danach fliegt dann wirklich der erste Mann in den Staub. Dalila enthüllt in ihrer betörenden Arie „Samson, recherchant ma présence“ ihren Plan, Samson zu schwächen und seinen Feinden auszuliefern. Im Publikum warten bei diesem Lied natürlich alle auf den Spitzenton, den großen Sprung, mit dem Camille Saint-Saens die vollmundige Ankündigung „Ich zeig’s ihm – Je le brave!“ vertont hat. Die Stelle kommt, Dalila zeigt’s ihm – und man möchte aufspringen und applaudieren, so perfekt sitzt bei Elina Garanca dieser unglaubliche Sprung in die Höhe.

Auch ihr Ehemann, der Brite Karel Mark Chichon am Pult der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz macht bei dieser und allen anderen Arien alles richtig. Und wird – aber erst ganz am Ende und zum Entzücken aller Zuschauer - von seiner Frau dafür ein charmantes Küsschen bekommen.

Irgendwann werde sie auch Wagner singen

Vorher erleben alle aber noch die anfangs verliebte, dann enttäuschte, schließlich am Boden zerstörte junge sizilianische Bäuerin Santuzza. Eine Figur aus Pietro Mascagnis „Cavalleria rusticana“, die Elina Garanca auf ihrem aktuellen Album „Revive“ und auch im abendlichen Konzert eindringlich gestaltet. Santuzzas Arie „Voi lo sapete, o Mamma“ bildet dann auch im großen Saal der Philharmonie den dramatischen Höhepunkt, dem drei gefällige neapolitanische Canzonen und das berüchtigte spanische Zugabenstück folgen, das in Wirklichkeit ein Mexikaner komponiert hat!

Irgendwann werde sie auch Wagner singen, hat Elina Garanca unlängst versichert. Aber derzeit sind die Dramen aus dem Verismo genau die richtige Umgebung für diese äußerst stilsichere Mezzosopranistin. Sie kann sich mit dem Meister aus Bayreuth also ruhig noch eine Weile Zeit lassen.

Hans Ackermann

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