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Emanuel-Feuermann-Wettbewerb: Die Reifeprüfung

Beim Emanuel-Feuermann-Wettbewerb entscheidet nicht allein die Fingerfertigkeit der Bewerber – sondern die ganze Künstlerpersönlichkeit Feuermann war einer der profiliertesten Professoren.

Die Idee, sich mit anderen zu messen, ist Musikern gewissermaßen in die DNA eingeschrieben: Schließlich lässt sich der lateinische Begriff „concertare“ nicht allein mit „zusammenwirken“ übersetzen, sondern auch mit „wetteifern“. Konzerte geben, das ist es ja, was alle Instrumentalisten wollen – am liebsten als Solist, vorne im Rampenlicht. Und wenn so ein Auftritt nicht vor zahlendem Publikum stattfindet, sondern vor einer Jury, dann handelt es sich um einen Wettbewerb. Hier können Nachwuchstalente austesten, ob sie in der Lage sind, auch unter Stressbedingungen auf Knopfdruck optimale Leistungen abzurufen. Oder, wie es der Choreograf Detlef D. Soost jüngst in der TV-Show „Popstars“ so unnachahmlich neudeutsch formulierte: „Bei einer competition musst du battlen!“

Zu den wichtigsten internationalen Wettbewerben für Cellisten gehört der „Grand Prix Emanuel Feuermann“, den die Universität der Künste Berlin und die Kronberg Academy ausrichten. 2002, zum 100. Geburtstag des legendären jüdischen Virtuosen, wurde der Wettbewerb ins Leben gerufen, gedacht auch als Akt der Wiedergutmachung: Denn Feuermann war von 1929 bis zu seiner Entlassung durch die Nazis 1933 einer der profiliertesten Professoren an der UdK-Vorgängerinstitution. In dieser Beilage wird der faszinierende Künstler ausführlich vorgestellt. Ermöglicht wurde der Grand Prix durch das Vermächtnis eines Berliner Klassik-Fans: Hans Radeke zählte nicht nur zu den Bewunderern des legendären Solocellisten der Berliner Philharmoniker, Wolfgang Boettcher, sondern war seit 1976 auch Stammgast bei den Vortragsabenden, die Boettcher in seiner Rolle als UdK-Professor mit seinen Cello-Klassen veranstaltete. Die siebenstellige Summe, die Radeke der Hochschule hinterließ, wollte er darum dezidiert für einen Cello-Concours verwandt wissen. Boettcher tat sich daraufhin mit seinem Musikerfreund Boris Pergamenschikow zusammen, der gerade an die Hanns-Eisler-Hochschule am Gendarmenmarkt berufen worden war, um Radekes Vision in die Tat umzusetzen.

Weil die Durchführung eines internationalen Wettbewerbs logistische Meisterleistungen verlangt, arbeitet die UdK Berlin mit der Kronberg Academy zusammen, eine bestens vernetzte Talentschmiede aus der Nähe von Frankfurt. Dort widmet man sich seit 1993 der Förderung junger Musiker. Die UdK Berlin stellt die Preisgelder, gemeinsam kümmern sich die beiden Partner um die Einberufung der Jury, die Vergabe einer Auftragskomposition und die Auswahl der Pianisten respektive des Begleitorchesters für die Finalrunden – Organisation, Marketing und Werbung des Grand Prix liegen in den Händen des Kronberg-Teams. „Die vielleicht größte Herausforderung besteht ja darin, den Wettbewerb bis in alle Winkel der Welt bei den Studierenden bekannt zu machen“, erklärt UdK-Präsident Martin Rennert.

Um an der ersten Runde teilnehmen zu können, müssen die Bewerber, die nicht älter als 28 Jahre sein dürfen, DVDs einschicken, auf denen sie vier vorgeschriebene Werke interpretieren. Fünf Mitglieder der insgesamt neunköpfigen Jury versammelten sich Mitte August, um die Aufnahmen durchzusehen. Nur ein Dutzend von ihnen darf laut Satzung in der zweiten Runde dann live in Berlin vorspielen – die zwölf Finalisten werden auf der Rückseite dieser Beilage porträtiert. Bei den öffentlichen Recitals am 17. und 18. November im Kammermusiksaal der Philharmonie werden dann jeweils ein neues Werk von Thomas Demenga, eine Beethoven-Sonate oder eine seiner Variationen für Cello und Klavier sowie ein Wahlstück des Kandidaten zu hören sein. Am 19. November schließlich machen die drei Besten bei einem Konzert mit der Kammerakademie Potsdam unter sich aus, wer den mit 15 000 Euro dotierten Grand Prix mit nach Hause nehmen darf. Insgesamt winken noch sechs weitere Preise im Gesamtwert von 39 000 Euro. „Bei diesem Wettbewerb geht es nicht um die reine Virtuosität“, betont Martin Rennert. „Uns ist es sehr wichtig, dass die Teilnehmer in den drei Durchgängen ihre Gesamtpersönlichkeit darstellen können. Flinke Finger allein genügen eben nicht, um eine Karriere zu machen.“

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