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Kultur: Emanzipation ist machbar

Heute gründet sich in Berlin die Deutsche Filmakademie

Nun also doch. Die viel diskutierte Deutsche Filmakademie, die künftig die Verleihung der Bundesfilmpreise ausrichten möchte, wird heute ins Leben gerufen. Wer außer den Initiatoren – die Produzenten Bernd Eichinger und Ulrich Felsberg sowie Regisseur Helmut Dietl – am Gründungsakt im Berliner Hotel Adlon teilnimmt, wird der Öffentlichkeit erst am morgigen Dienstag verraten. Was die Statuten betrifft, sind seit der Anhörung vor dem Bundes-Kulturausschuss im Juni immerhin Eckpunkte bekannt. Die bisherigen Preisträger (etwa 700) sind automatisch Mitglieder, sie bürgen für Neuaufnahmen: Das Plenum könnte bald 2500 Namen umfassen. Dieses kürt die Preisträger dann mittels Mehrheitsvoten nach Oscar-Vorbild.

Lange genug hatte es so ausgesehen, als ob diese Akademie nie zustande käme. Als ob die Gründerväter darauf warteten, dass die Kulturstaatsministerin ihnen die Filmpreisgelder in Höhe von drei Millionen Euro überlässt, während Christina Weiss umgekehrt auf die Gründung wartete, um mit der Akademie über die Zukunft der Preisgelder verhandeln zu können. Eine Pattsituation. Dummerweise haben sich die Gründe für dieses allseitige Zögern mit dem Gründungsakt längst nicht erledigt.

Da ist zum einen das Problem mit den Subventionen: Kaum ein deutscher Produzent hat echtes eigenes Kapital. Die AkademieGründung als symbolisches, repräsentatives Engagement gegen diese von manchen als durchaus angenehm empfundene Unmündigkeit ist nur dann ein Akt der Emanzipation, wenn sie unabhängig vom Staat erfolgt – und nicht nach dessen Preisgeldern schielt.

Zum anderen mangelt es an Einmütigkeit. Akademie bedeutet: Gemeinsam sind wir stark. Eine Solidaritätsgeste, die der Branche angesichts des aktuellen Erfolgs im Inland (über sechs Millionen Zuschauer sahen „Good Bye, Lenin!“) wie im Ausland (Katja Riemann gewinnt in Venedig!) gut anstünde. In den letzten Wochen haben jedoch mehr als 400 Filmschaffende Protestnoten gegen eine Preisverleihung durch die Branchenvereinigung unterzeichnet, darunter zahlreiche Bundesfilmpreisträger sowie die Regisseure Christian Petzold, Rudolf Thome, Thomas Arslan, Peter Lilienthal, Ulrike Ottinger und Helma Sanders-Brahms.

Doch auch die Gegner sind sich nicht einig. So erklärt ein Offener Brief an Christina Weiss die bisherige Preisvergabe durch eine Jury für reformbedürftig und macht in moderater Manier auf die internationale Erfahrung mit Akademie-Preisen aufmerksam. Gewiss sind Regisseure, Kameraleute und Schauspieler kompetente Juroren. Aber Akademien – man kennt das von den Oscars, den französischen Césars oder den britischen Baftas – zeichnen nie Außenseiter aus, wegen der Mehrheitsvoten und des aufwändigen Sichtungsverfahrens. Da gewinnen immer nur die Renommierten und zwar überall, wie zuletzt Roman Polanskis „Pianist“ bei gleich vier internationalen Akademien. Das Spektrum wird enger.

Ein anderer Protestbrief schlägt schärfere Töne an, spricht von „Kommerzialisierung“, vom „Diktat der Industrie“ und der „Eliminierung des künstlerischen Films“. Gemach: Selbst ein mächtiger Produzent wie Eichinger hat in einer Akademie nur eine unter Hunderten von Stimmen. Und Adressatin Weiss plant zwar eine wirtschaftlichere Ausrichtung der Filmförderung, aber der Filmpreis „ist und bleibt ein Kunstpreis“. Die Akademie sei „kein Selbstbedienungsladen“, es komme darauf an, sie auf eine breite Basis zu stellen. An dieser Basis mangelt es offenbar noch.

Bleibt das essentiellste Problem: die Verquickung von staatlicher Förderung und privatwirtschaftlicher Lobby-Arbeit. Die Vergabe von Steuergeldern (das sind die Preisgelder) gehört nicht in die Hände der von ihnen Begünstigten. Warum also nicht eine Akademie gründen, die ihre eigenen Lolas vergibt – undotierte, unabhängige Auszeichnungen wie die Oscars und die Cesars? Und die Kulturstaatsministerin könnte überlegen, wie sie einer solch selbstbewussten Branche ihre kulturelle Filmförderung angedeihen lässt. Drei Millionen kann man auch anders verteilen als in Form von Preisen.

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