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Kultur: Ende der Karussellfahrt

Nach 30 Jahren schließt die Berliner Galerie Hartmann & Noé

„Viele Kunst-Stücke“ heißt treffend die Ausstellung, mit der sich die Galerie Hartmann & Noé nach über 30 Jahren aus dem aktiven Galeriegeschehen verabschiedet. Denn es ist schon fast selbst ein Kunststück, allein für die Ausstellung rund 40 Künstler aus fast 200 Schauen auszuwählen. Denn die Reise durch die Jahrzehnte führt vom Hauptweg der Malerei zu den Nebenwegen Plastik, Zeichnung und Grafikeditionen, inklusive aller stilistischen Wandlungen zwischen Figürlichem und Abstraktem.

Als Karl-Horst Hartmann und Ursula Noé sich Anfang der Neunzigerjahre zur Kooperation entschlossen, blickten beide bereits auf langjährige Erfahrungen zurück. Hartmann war 1970 Mitbegründer der auf Figuration konzentrierten Galerie Lietzow in der Charlottenburger Knesebeckstraße, und Ursula Noé residierte mit ihrem abstrakten Programm seit 1977 nur wenige Blocks entfernt. In der Galerie Hartmann & Noé fanden beide Richtungen ihre Positionen: Mit Peter Ackermanns menschenleeren Stadt-Veduten (9100 Euro) oder Giuseppe Madonias verschmitzt surrealen Landschaften (500 bis 1200 Euro) auf der einen Seite. Ihnen stehen abstrakt-gestische Farbkompositionen wie Siegrid Kopfermanns großformatiges „Wachsen“ (8200 Euro) oder Mathias Wilds „Gelber Raum“ (5000 Euro) gegenüber.

Zu Waldemar Ottos der traditionellen Bildhauerei verpflichteten Torsi (2800 Euro) bildet Gisela von Bruchhausens Stahl-Relief (3600 Euro) einen konstruktivistischen Kontrast, ergänzt von amorphen Kleinplastiken Gerson Fehrenbachs (2500 und 8200 Euro) sowie von Gloria Brands Collage-Objekten (2000 Euro), bei denen sich die Grenzen von Malerei und Skulptur auflösen.

Zur faszinierenden Bildeinheit verschmelzen Figur und Abstraktion in den Bildern von Karl-Ludwig Lange und Henning Kürschner. Langes 1996 entstandenes „Lichtfeld, gleißend“ (8200 Euro) bündelt einen menschlichen Schemen wie ein Wetterleuchten: Aus monochrom anmutenden Flächen kristallisiert sich nach einer Weile eine ätherische Gestalt heraus, wobei Langes vitaler Duktus jegliche Esoterik vermeidet. Dieses Spannungsfeld aus Ruhe und subtiler Lebendigkeit schafft auch Kürschner mit seinen grazilen, aus Farbfeldern erwachsenden Figuren, die im mythischen Fluss „Acheron“ (7000 Euro) die Grenze zur Unterwelt markieren.

Abtauchen und der Kunstwelt entsagen wollen auch Karl-Horst Hartmann und Ursula Noé nicht. In kleineren Räumen werden sie künftig ihre Zusammenarbeit mit Firmen intensivieren, weil bei diesen Projekten eine größere Neugierde herrsche und weniger das, was „in“ ist. Gerade die individuelle Entwicklungs- und Vermittlungsarbeit von Kunst vermisst Ursula Noé in der gegenwärtigen Galerietätigkeit. Vor allem das sich immer schneller drehende Messekarussell habe die Kunst vielfach der Oberflächlichkeit eines „riesigen Warenhauses“ preisgegeben. Zur Finissage kann noch einmal in der Geschichte der Berliner Institution gestöbert werden. Ab 2004 geht es dann mit einer Dokumentation zur künstlerischen Unternehmensberatung und einer virtuellen Galerie im Büro von Hartmann & Noé auf zu neuen Ufern.

Galerie Hartmann & Noé, Knesebeckstraße 32, bis 29. November; Finissage am 22. November ab 18 Uhr; Dienstag bis Freitag 11 – 18.30 Uhr, Sonnabend 11 – 14 Uhr.

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