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Gut frisierte Engel. Jaclyn Smith als Kelly Garrett, Cheryl Ladd als Kris Munroe und Kate Jackson als Sabrina Duncan in der Originalversion von "Drei Engel für Charlie".

© Goldschmidt / dpa / picture alliance

Engelszungen (3): Damiels Sprung

Zeit für ein paar Zeilen über Wesen und Wirken der Engel. Diesmal geht es um Engelsgestalten in Film und Fernsehen, von "Himmel über Berlin" bis zu "Drei Engel für Charlie".

Der Engel steht auch auf der Gedächtniskirche, man hat es fast vergessen. Bruno Ganz im „Himmel über Berlin“ blickt gemeinsam mit Otto Sander nicht nur von der Siegessäule auf die Großstadtmenschen herab – die beiden sind wohl die berühmtesten Engel der Filmgeschichte. Er schaut auch von der Kirchturmruine auf den Breitscheidplatz, eben dorthin, wo am Montag letzter Woche die Schutzengel fehlten. Er sprang dann herab und verliebte sich in die Trapezkünstlerin mit Engelshaar und weißem Gefieder.

Eigentlich wollte Wim Wenders bei den Dreharbeiten 1987 das Brandenburger Tor zum Haus der Engel erklären, aber die DDR erlaubte es nicht. Engel, die über die Mauer fliegen? Erst nach dem Mauerfall konnten sie passieren, im Sequel „In weiter Ferne, so nah!“.

Kinohelden und Engel haben viel gemeinsam

Kinohelden sind ja schon von Natur aus so eine Art Engel. Fantastische Existenzen, die sich auf dem Weg vom Projektor zur Leinwand materialisieren, in jenem hellen Strahl im Zuschauersaal, in dem die Staubflocken tanzen. Und doch bleiben sie Lichtgestalten, Zwitterwesen zwischen Realität und Fantasie, Mittler zwischen den Welten, Boten, Beschützer, Richter, Ritter und Retter. Sie halten die Zeit an, überwinden den Tod, kehren gern mal auf Erden zurück und lehren die Menschen Mores.

Fritz Lang ließ „Liliom“, den Rabauken vom Rummelplatz, Gnade vor einem Engelsgericht finden. James Stewart wird in Frank Capras „Ist das Leben nicht schön?“ von Clarence, einem Engel zweiter Klasse, vor dem Selbstmordsturz von der Brücke bewahrt. John Travolta spielt einen Gutmenschen-Engel in „Michael“, Roberto Benigni die Anarcho-Variante als „Himmlischer Teufel“. Richard Dreyfuss wird in Spielbergs „Always“ von Audrey Hepburn persönlich (in ihrer allerletzten Rolle) auf Engelsmission geschickt. Und bei Godard landet Gabriel zwecks Verkündigung mit dem Flugzeug in Genf, in „Je vous salue, Marie“.

2004 Ausstellung über Engel im Film

Der Film, diese geflügelte, flüchtige Kunst, hat sich nie besonders schwer mit diesen Grenzgängern getan, auch nicht mit den gefallenen Engeln, den Würge- und Todesengeln. In der TV-Variante von Tony Kushners Sieben-Stunden-Theaterdrama „Angels in America“ von 1993 sind Meryl Streep und Al Pacino mit dabei, wenn es darum geht, ein schwarzes Lied von Liebe und Tod in Zeiten von Aids zu singen. Kushners Engel haben für die Seelenlosigkeit Amerikas nur Hohn und Spott übrig; das damals ungemein polarisierende Stück ist aktueller denn je.

Engel im Kino können auch sexy sein, gestylt, cool, verschlagen. Die „Drei Engel für Charlie“ waren ein Straßenfeger in den späten Siebzigern, vor allem wegen der Superblondine Farrah Fawcett. 20 Millionen Zuschauer zählten die fünf Staffeln mit den Privatdetektivinnen allein in den USA. Seine Aufträge erhielt das Trio von einen mysteriösen Boss per Lautsprecher, sprich: aus dem Jenseits.

Alles bloß Blendwerk, Kindermärchen, fromme Lüge? Als das Frankfurter Filmmuseum 2004 eine Ausstellung über Engel im Film präsentierte, glaubten zehn Prozent der Bundesbürger, dass es sie auch in Wirklichkeit gibt.

Bisher erschienen: die singenden Heerscharen (24. 12.) und Verkündigungsboten in der Kunst (27. 12.)

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