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Kultur: Er rollt und rollt und rollt...

Mythos Volkswagen: Wolfsburg präsentiert Peter Keetmans legendäre Fotoserie

Selten ist es einem Automobil so sehr gelungen, zum Symbol einer Epoche zu werden wie dem VW-Käfer. Die kleinen rundlichen Volkswagen-Karosserien aus Wolfsburg waren schon immer weit mehr als eine bloß funktionale Komposition aus Blech und Glas. Kaum einer jedoch dürfte den Mythos „Käfer“ so gut ins Bild gesetzt haben wie der Fotograf Peter Keetman. Im April 1953 unternahm der damals 36-jährige Werbefotograf einen Ausflug in die Wolfsburger Volkswagenwerke und erstellte dort in nur drei Tagen eine Fotoserie.

Bis heute ist es eine der bedeutendsten Serien der Industriefotografie. Keetman, der als Mitglied der legendären Gruppe „fotoform“ von sich reden gemacht hatte und später neben Paul Wolff und Robert Häusser zu den namhaften Vertretern der „subjektiven fotografie“ zählte, schien früh geahnt zu haben, dass seine gut 150 VW-Bilder ein Meilenstein in der deutschen Fotografiegeschichte werden würden. Noch heute beschreibt er seinen Wolfsburg-Aufenthalt als die aufregendsten Tage seines Berufslebens.

Was Keetmans Serie „Volkswagen 1953“, die derzeit mit 71 Bildern im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen ist, vor allem auszeichnet, ist die Fähigkeit, aus konkreten technischen Formen abstrakte Figuren herauszuarbeiten. Zwar folgt er mit seinen Bildern oberflächlich gesehen dem Fluss der industriellen Fertigung – vom Presswerk über die Lackiererei bis zur Endmontage. Doch indem er seine Rolleiflex unentwegt auf Materialreihungen oder Produktionsausschnitte fokussiert, verwandelt er Zahnräder, Kotflügel oder Trittbretter in glänzende Gebrauchsskulpturen. Auf seinen Schwarzweißbildern wird die Wirklichkeit umcodiert: Funktion wird zu Form, Inhalt zu Ästhetik, Technik zu Kunst. Am Ende ist der Gebrauchsgegenstand Automobil derart transzendiert, dass aus dem kleinen VW-Käfer eine große mythische Sache geworden ist.

Kunstmuseum Wolfsburg, bis 22. Februar

Ralf Hanselle

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