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Kultur: Erinnerungsarbeit

Bernhard Schulz über die Dresdner Flutbewältigung Berlin, in diesem Jahr nicht eben mit großartigen Ausstellungen verwöhnt, bekommt für die Feiertage ein besonderes Geschenk. Im Alten Museum wird heute die Ausstellung „Meisterwerke der Dresdner Gemäldegalerie in Berlin“ eröffnet – und bietet Spreeathenern die Gelegenheit, die Schätze aus Elbflorenz ohne Anreise zu genießen.

Bernhard Schulz über die

Dresdner Flutbewältigung

Berlin, in diesem Jahr nicht eben mit großartigen Ausstellungen verwöhnt, bekommt für die Feiertage ein besonderes Geschenk. Im Alten Museum wird heute die Ausstellung „Meisterwerke der Dresdner Gemäldegalerie in Berlin“ eröffnet – und bietet Spreeathenern die Gelegenheit, die Schätze aus Elbflorenz ohne Anreise zu genießen.

So ist’s natürlich nicht gemeint. Im Gegenteil: Die Ausstellung soll, wie zahlreiche weitere Ausstellungen, die die Dresdner Kunstsammlungen rund um den Globus ausrichten, zum Besuch der sächsischen Hauptstadt anregen. Wie die bereits im MartinGropius-Bau eröffnete Sklpturen-Ausstellung sollen sie bekannt machen mit dem, was in Dresden gehütet wird und sich zu den bedeutendsten Sammlungskomplexen Europas rechnen darf. Und es soll daran erinnern, dass diese Schätze aufs Höchste gefährdet waren, als mitten im hochsommerlichen August die Flut hereinbrach und mit den Erdgeschossen und Depots auch die darin gelagerten Bestände zu überspülen drohte. Die Rettung der Dresdner Schätze zählt zu den historischen „Erzählungen“, die die Geschichte des wiedervereinten Deutschlands dereinst ausschmücken werden – ein Stück mit Helden und Helfern, mit kollektiven Tugenden, die längst verschüttet geglaubt wurden und doch von einer Stunde auf die andere ans Licht kamen.

Daran wird sich auch Gerhard Schröder erinnern, verdankt er doch seine knappe Wiederwahl nicht zuletzt der staatsmännischen Rolle, die er in jenen Augusttagen spielen konnte. Für ihn wird es eine schmerzliche Erinnerung sein, wenn er heute Abend – wie die Auguren erwarten – im Alten Museum das Wort ergreift. Da wird er noch einmal das ganze Vokabular von Solidarität und Gemeinwohl bemühen, das ihm im Sommer so gut zu Gesichte stand. Er könnte aber, wenn er über die Erinnerung hinaus nach vorne blicken möchte, anmahnen, dass der zuständige Freistaat Sachsen jetzt nicht kleinmütig auf der bloßen Reparatur der Flutschäden beharrt, wie es den Anschein hat. Stadt und Land sollten stattdessen neue Lösungen suchen für die Depots der Museen, die alle in Flussnähe liegen und die Wiederkehr der Fluten fürchten. Er könnte in Aussicht stellen, dass der Bund sich bei der Jahrhundertaufgabe der Wiederherstellung von Elbflorenz und seinen kostbaren Sammlungen fühlbar engagiert. Und er könnte deutlich machen, dass der Bund an der Verantwortung für die herausragenden Kulturinstitutionen der neuen Länder festhält, zumal für jene zwanzig, die das „Blaubuch“ verzeichnet: als „Leuchttürme“, in Dresden ganz real über der anbrandenden Flut.

Und die Spreeathener, sie mögen sich nach dem Besuch der prächtigen Gemäldeleihgabe im Alten Museum selbst nach Elbflorenz begeben – und schauen und staunen.

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