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Jury-Mitglied Maggie Gyllenhaal und Berlinale-Chef Dieter Kosslick.

© Britta Pedersen/dpa

Eröffnung der 67. Berlinale: Der Gegner sitzt in Washington

Anke Engelke moderierte gewohnt launig und witzig die Eröffnungsshow im Berlinale Palast. Es gab reichlich Seitenhiebe Richtung USA. Und leidenschaftliche Plädoyers für die Kunstfreiheit.

Was für ein Kleid! Ein Traum von einem Kleid, schneeweiß mit Schleppe, oben herum mit ganz viel silbrigem Geglitzer. Allerdings, man kann es auch anders sehen, und Anke Engelke tut das nun mal: „Ich bin eingezäunt, aber das passt jetzt ja doch ein bisschen.“ Und damit war zu einem ziemlich frühen Zeitpunkt dieser Eröffnungsgala der Berlinale im Musicaltheater am Potsdamer Platz die Richtung dieses Abends vorgezeichnet, der gemeinsame Nenner all der spöttelnden Scherze, ironischen Anspielungen, harten Kommentare: Der Gegner sitzt in Washington, wenngleich sein Name nie fiel.

Nicht dass dabei mit Wortkeulen in Richtung Weißes Haus gefuchtelt worden wäre. Alle machten das sehr viel eleganter und doch eindeutig, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, der Regierende Bürgermeister Michael Müller, Festivalchef Dieter Kosslick und eben Moderatorin Anke Engelke, die sich – sie hatte auch schwächere Jahre - selbst übertroffen hat.

Richard Gere guckt etwas säuerlich

Kleine Ulkereien zu Beginn über die Runde im Saal als „das glamouröseste Jobcenter Europas“, Spöttelei über das Dauerthema BER nebst der Prophezeiung „2018: Flughafen-Joke again“. Aber gleich bei der Erinnerung an Meryl Streep, Jurypräsidentin des Vorjahres, legt sie los. Deren Arbeit damals: War schon gut, aber jetzt sei klar, dass man sich getäuscht habe, dass sie eigentlich „eine der meistüberschätzten Schauspielerinnen“ sei.

Irgendeiner im Saal, der das nicht kapiert hat? Keiner. Eine Ein-Mann-Show, pardon: eine Ein-Frau-Show par excellence, nur die Verulkung des Dalai Lama, seiner ach so großen Bedürfnislosigkeit, von der wir noch was lernen könnten, schoss vielleicht doch etwas übers Ziel hinaus. Richard Gere guckte auch ziemlich säuerlich.

Michael Müller und seine Frau.
Michael Müller und seine Frau auf dem roten Teppich vor dem Berlinale Palast.

© REUTERS / Michele Tantussi

„Artists first!“ Schon der erste Satz in der Begrüßungsrede von Monika Grütters zeigte, worauf es auch bei ihr hinauslief. Kurze Erinnerung an das Erbe Amerikas, an die Hoffnung, die das Land dieser Stadt nach dem Krieg gegeben habe, Beschwörung auch der berühmten Worte Kennedys vor dem Rathaus Schöneberg, dann die von Pathos nicht unfreie Begrüßung: „Seien Sie alle als Berliner im Sinne Kennedys empfangen“, als frei fühlende und denkende Menschen. Alternative Fakten, bizarre Auftritte, die habe man sonst eher in Filmen erlebt, nicht in den Amtszimmern der Demokratie. Doch während Fake News den Geist vernebelten, lasse uns die Kunst klarer sehen.

Kunst – für Grütters klar ein Gegengift: „Künstlerische Vielfalt gegen populistische Einfalt“. Michael Müller legte da gleich nach, erinnerte erneut an die traurigen Erfahrungen, die gerade Berlin mit Mauern gemacht habe, warnte aber zugleich vor Selbstgerechtigkeit: Nationalismus und Populismus gebe es nicht nur in Washington.

Aber es gab auch heitere Momente, dank Engelke und dank Kosslick, der ein Familiengeheimnis aus der Jugend verriet. Die Liebe zum Film, die sei entstanden, weil ihn seine früh verwitwete Mutter und deren neuer Freund sonntags immer ins Kino schickten, um sich den Nachmittag gemeinsam auf dem Sofa zu vertreiben. Nicht der schlechteste Vorbereitung auf seinen Job.

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