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Berlinale 2010 Zellweger

© dpa

Eröffnung: Vorhang auf für die Berlinale

Mit viel Prominenz auf dem roten Teppich wurden die 60. Internationalen Filmfestspiele am Potsdamer Platz eröffnet. Und gleich am Anfang gab es schon einen Preis - für das Geburtstagskind Berlinale.

Man müsse sich Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen? Auch kluge Köpfe wie Camus irren gewaltig. Der Sisyphos dieser Tage jedenfalls rollt keine Kugel den Berg hinauf, sondern schippt fluchend Schnee, und wenn er damit fertig ist, rieselt es wieder von oben. Doch, doch, die Treppe vor dem Berlinale-Palast war rechtzeitig zur Eröffnung des Filmfests am gestrigen Abend vom Eise befreit worden – und trotzdem wieder weiß, mit zunehmender Tendenz. Möglich, dass diese Gala als die schneereichste der Festivalgeschichte in die Annalen eingeht. Das Publikum am Rande: unter Regenschirme geduckt und ohnehin nicht sehr zahlreich. Die BMW-Limousinen, die die Stars vorfuhren, darunter auch Oldtimer wie ein „Barockengel“ aus der prähistorischen TV-Serie „Isar 12“: schneeweiß beschichtet. Die Sitzreihen im Saal: mit deutlichen Lücken, was im Parkett gar nicht so schlimm aussah, aber Anke Engelke, Moderatorin mit Überblick, wies darauf hin und bat, man möge den wohl irgendwo steckengebliebenen Gästen doch erzählen, was sie verpasst haben.

Tja, was haben sie verpasst? Anke eben, nach mehrjähriger Pause erneut in dieser Position, chamäleonhaft begnadet, fähig, in einem Satz von weltläufiger Eleganz zu Berliner Schnodderigkeit zu wechseln, um dann in eine Art indisches Englisch zu verfallen, wenn das gerade passt, und nebenbei Dieter Kosslick, den „Mr. Berlinale“, bei einem Hänger kurz zu ermahnen, dies sei nicht die Probe, sondern schon die Show. Obwohl man bei ihm kaum unterscheiden kann, was kleine Panne ist oder gezielter Gag.

Die 60. Berlinale hat nun also begonnen, das wurde noch dem letzten Festivalneuling wieder und wieder eingebläut. Der Blick nach vorn war ebenso einer zurück, mit afrikanischem Geburtstagsständchen als Filmkonserve, mit früheren Gästen und alten Plakaten als Hintergrundbildern, mit einem Filmchen über die Anfänge und einem amerikanischen Veteranen des Marshall-Plans als besonders begrüßtem Gast. Aber nach 60 Jahren wird es wohl erlaubt sein, „ein bisschen auf dicke Hose zu machen“, wie Anke Engelke, durchaus erfrischend, die historische Nabelschau verulkte, das macht sie mit links und sie machte es gut.

Möglich, dass das Wetter auch dabei mitspielte, als das Team um den chinesischen Eröffnungsfilm „Tuan Yuan“ entschied, sich ausnahmslos rote Seidenschals um den Hals zu drapieren. Regisseur Wang Quan’an und sein Trupp waren exotischer Abschluss einer sonst weitgehend aus einheimischen Kräften bestückten Starparade. Immerhin sah man neben gewohntem Filmpersonal wie Michael Gwisdek, Mario Adorf, Sybel Kekili, Sebastian Koch, Tom Tykwer, Christiane Paul und Detlev Buck auch seltenere Gäste wie Vicky Leandros und sogar Marius Müller-Westernhagen. Selbst Christoph Schlingensief, zurück aus Afrika, war wieder da und ebenso Tilda Swinton, diesmal besonders androgyn frisiert und lachsrot gefärbt. Die Politik vertraten unter anderem Claudia Roth und Walter Momper, Kulturstaatsminister Bernd Neumann und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit waren ohnehin schon von Berufs wegen da.

Letzterer hatte außer einer Rede sogar noch einen Bären mitgebracht, weiß und aus Porzellan, den Ehrenbären der Stadt für das Geburtstagskind Berlinale, stellvertretend entgegengenommen von Dieter Kosslick und sogleich weitergereicht an seinen Vorgänger Moritz de Hadeln. Eine Berlinale-Kamera, wie sie im Laufe des Festivals noch an die langjährigen Forums-Köpfe Erika und Ulrich Gregor verliehen werde, komme für de Hadeln ja nicht in Frage, der diesen Preis schließlich selbst erfunden habe, ulkte Kosslick.

Zuletzt flimmerten im Kurzdurchlauf alle Wettbewerbsfilme über die Leinwand, dann folgte die obligatorische Vorstellung der Jury. Das Programm wurde nun schon etwas zäher. Zum Glück gab es Anke. Wie man sich den Namen des Jury-Mitglied Yu Nan leicht merken könne? „Ja nun.“

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