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Kultur: Et voilà!

Zum Start der Französischen Filmwoche in Berlin.

Ob „Populaire“ so populär wird wie „Ziemlich beste Freunde“, der in Deutschland knapp neun Millionen Zuschauer ins Kino lockte und gesamtglobal für bombastische 320 Millionen Euro Umsatz gut war? Eine Gemeinsamkeit haben der Harmonie-Hit um zwei lebenswilde Außenseiter und Régis Roinsards Retro-Romanze um eine alle Tipp-Geschwindigkeitsrekorde brechende Sekretärin: Sie eröffnen – im Jahresabstand – die Französische Filmwoche in Berlin. Wenn das kein Omen ist!

In Frankreich kommt „Populaire“, mit dem die Reihe am heutigen Donnerstag im International eröffnet wird, bereits an diesem Wochenende groß in die Kinos – in Deutschland muss, wer die Berliner Vorpremiere verpasst, noch bis zum regulären Start im April warten. Überhaupt reizt das ein rundes Dutzend Filme umfassende Festival vor allem die ganz Ungeduldigen unter den frankophilen Cinephilen: Zwei Drittel des Programms läuft in den nächsten Wochen und Monaten ohnehin im Kino.

Immerhin, schön verkürzen lässt sich die Vorfreude etwa auf drei prominente Festivalerfolge des Jahres. In Venedig lief Olivier Assayas’ kluge, mit scheinbar leichter Hand hingeworfene und autobiografisch unterfütterte Studie „Après mai“ (Start: 1. Mai) über die aufregend-wirre Welt, in die Jugendliche Anfang der siebziger Jahre hineinwuchsen. In Cannes feierte Xavier Dolans mitreißende Liebesgeschichte „Laurence Anyways“ (Start am 27. Juni) Premiere: Eines Tages eröffnet Laurence seiner Freundin, dass er fortan als Frau leben möchte – schon schrill, aber muss deshalb gleich die Liebe vorbei sein? „Der Geschmack von Rost und Knochen“ (Start: 10. Januar), auch ein Cannes-Titel, stellt eine verwandte Frage: Welche Zukunft hat die Disco-Bekanntschaft zwischen einem Boxer (Matthias Schoenaerts) und einer Killerwal-Dresseurin (Marion Cotillard), wenn sie nach einem Unfall beide Beine verliert?

Formal eingebettet in die Filmwoche, doch von ungleich analytischerem Profil ist „Dans Paris“ – eine Reihe mit acht Filmen im Arsenal, konzipiert anlässlich von 25 Jahren Städtepartnerschaft Paris–Berlin. Hier fungiert die Nouvelle Vague als Referenzgröße, von Louis Malles „Zazie dans le Métro“ (1960) bis zu Godards „2 ou 3 choses que je sais d’elle“ (1967). Wobei es Spaß macht, Christophe Honorés zarte Brüderlichkeitserkundung „Dans Paris“ (2006) und Philippe Garrels schwarz-weiß gefilmte, lakonische und doch hochpathetische Amour fou „La frontière de l’aube“ (2008) wie einen verspielten Doppelfilm zu lesen – nicht nur wegen der filmgeschichtlichen Verweise, sondern wegen Garrels Sohn Louis, der beide Male die Hauptrolle spielt. Wie der prototypische Wiedergänger unsteter Liebhaber aus Nouvelle-Vague-Klassikern vagabundiert er so lustvoll durch die Szenerien, als sollte jene Glanzzeit des Kinos niemals enden.

Eröffnet und beschlossen wird „Dans Paris“ mit einem ungleich lärmenderen Kontrastgespann: Reichlich oberflächlich schwelgt der große Dokumentarist Frederick Wiseman in „Crazy Horse“ (2011) in den Oberflächenreizen des berühmten Nackt-Cabarets, und Leos Carax lädt in seinem – schon im Kino gelaufenen – „Holy Motors“ nur scheinbar tiefgründig zur Paris-Horror-Picture-Show. Wer’s mag. Jan Schulz-Ojala

Bis 5. Dezember im Cinema Paris, FaF,

International, Rollberg und im Arsenal.

Details: www.franzoesische-filmwoche.de

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