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Kultur: Europäische Union: Die Neuen kommen

Die Beitrittskandidaten müssen für eine EU-Mitgliedschaft wirtschaftliche, politische und juristische Bedingungen erfüllen. Polen, Tschechien, Slowenien, Ungarn und Estland liegen dabei gut im Rennen, Rumänien und Bulgarien hingegen gelten wegen ihrer schwachen Wirtschaftskraft als Schlusslichter.

Die Beitrittskandidaten müssen für eine EU-Mitgliedschaft wirtschaftliche, politische und juristische Bedingungen erfüllen. Polen, Tschechien, Slowenien, Ungarn und Estland liegen dabei gut im Rennen, Rumänien und Bulgarien hingegen gelten wegen ihrer schwachen Wirtschaftskraft als Schlusslichter.

Gefährdet die Osterweiterung den Wohlstand der Westeuropäer?

Das deutsche Außenministerium geht davon aus, dass die EU 80 Milliarden Euro für die Osterweiteurung ausgeben muss - für so genannte Heranführungshilfen und die weitere Unterstützung der Kandidaten nach dem Beitritt. Deutschlands Anteil an dieser Summe beträgt 25 Prozent. Eine von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebene Studie kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass sich die Investitionen bezahlt machen. Schon heute sichern die Exporte nach Polen, Ungarn, Tschechien und Slowenien beispielsweise 65 000 Arbeitsplätze in der EU, 44 000 davon in Deutschland.

Um den EU-Haushalt nach der Erweiterung nicht zu sprengen, hat die EU im Übrigen soweit wie möglich Vorsorge getroffen. Die künftigen Transferzahlungen an die Neumitglieder in Osten sollen durch Einsparungen bei einzelnen Posten des gemeinsamen Haushalts gegenfinanziert werden.

Werden osteuropäische Arbeitskräfte massenhaft in den Westen strömen?

Der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Byrt, hält dies für unwahrscheinlich. Seine Argumente: Schon die Aufhebung der Visumspflicht zwischen Polen und der EU habe nicht zu einer Massenabwanderung von Polen in den Westen geführt. In Polen selbst gebe es außerdem ebenfalls ein deutliches Wohlstandsgefälle, und Menschen aus ärmeren Landesteilen hätten keineswegs die aufstrebenden Regionen wie Warschau oder Posen überrannt. Die meisten Polen, so ist der Botschafter überzeugt, hofften auf einen kräftigen Aufschwung im eigenen Land nach dem Beitritt zur EU und wollten in Polen bleiben.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet indes jährlich mit 350 000 umzugswilligen Osteuropäern nach der EU-Erweiterung, 220 000 von ihnen könnte es in die Bundesrepublik ziehen. Da über die tatsächlichen Auswirkungen der Osterweiterung auf die westeuropäischen Arbeitsmärkte nur spekuliert werden kann, will die EU Übergangsfristen für die Freizügigkeit osteuropäischer Arbeitskräfte festlegen. Angesichts der aktuellen Debatte über die demografische Entwicklung in Westeuropa und dem zu erwartenden Arbeitskräftemangel könnten die Vorbehalte gegen osteuropäische Zuwanderer allerdings ohnehin bald der Vergangenheit angehören. Die deutsche Wirtschaft sucht bekanntlich schon jetzt händeringend nach Computerexperten - vor allem auch in Osteuropa - sowie nach Personal für die Landwirtschaft und das Hotel- und Gaststättengewerbe.

Können die Osteuropäer nach der Erweiterung die EU-Grenzen sichern, oder werden die Neuen zum Einfallstor für Kriminelle und Wirtschaftsflüchtlinge?

Auch heute sind die EU-Außengrenzen keineswegs undurchlässig für unerwünschte Gäste im europäischen Haus. Diejenigen EU-Länder, die vor zehn Jahren im Schengener Abkommen die Grenzkontrollen an ihren gemeinsamen Grenzen aufgehoben haben, schauen deshalb mit Sorge nach Osten. Sie wollen die Beitrittsländer künftig bei der Grenzsicherung unterstützen. Besonders Polen wird Hilfe brauchen. Seine Grenze umfasst insgesamt 3000 Kilometer, 1200 Kilometer teilt es mit Russland, Litauen, Weißrussland und der Ukraine. Hier müssen dringend zusätzliche Grenzposten eingerichtet, die Grenzbeamten mit Funkgeräten, Fahrzeugen, Infrarotkameras und Nachtsichtgeräten ausgestattet werden.

Wird die EU durch die neuen Mitglieder handlungsunfähig?

Dies zu verhindern, haben sich die Staats- und Regierungschefs in Nizza zur Aufgabe gemacht. Reformen der EU-Entscheidungsgremien, des Ministerrates und der Kommission, sollen dafür sorgen, dass die EU auch mit mehr als zwanzig Mitgliedern handlungsfähg bleibt. Sie werden in Nizza außerdem über die Ausweitung der so genannten "verstärkten Zusammenarbeit" verhandelt. Einzelne Staaten oder Staatengruppen sollen danach auf bstimmten Gebieten enger zusammenarbeiten können, wenn die übrigen Partner nicht mitziehen wollen. Bestes Beispiel für eine solche Kooperation ist die Währungsunion, an der nicht alle EU-Länder beteiligt sind.

Die Beitrittsländer werden zunächst ebenfalls nicht zum Euroland gehören und die gemeinsame Währung damit auch nicht negativ beeinflussen können. Bundesaußenminister Joschka Fischer hat vor wenigen Monaten zusätzlich ein altes Konzept aus den Reihen der CDU wieder ins Gespräch gebracht, das die Bildung einer Art Kerngruppe innerhalb der EU vorsieht. Diese Avantgarde könnte die europäische Integration unabhängig von etwaigen Bremsern fortsetzen.

Sind die Beitrittsländer politisch überhaupt stabil genug, um in den demokratischen Klub der EU aufgenommen zu werden?

Die ost- und mitteleuropäischen Staaten sind zwar sehr junge Demokratien, aber gerade deshalb sind sie auch besonders stolz auf ihr politisches System. Ein Rückfall in autoritäre Zeiten ist deshalb nicht vorstellbar. Gerade die Aussicht auf eine Mitgliedschaft in die EU hat die Osteuropäer beflügelt, die Demokratisierung ihrer Staaten voranzutreiben. Für die Aufnahme in die Union sind schließlich nicht nur wirtschaftliche, sondern auch poitische Kriterien ausschlaggebend: Demokratie etwa, Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte.

Gefahr für die politische Stabilität droht in Osteuropa nur, wenn sich die Beitritte verzögern. Zu beobachten ist dies zurzeit in Rumänien. Nachdem das Land wirtschaftlich nicht auf die Beine kommt, und die EU ihm schlechte Noten für die Beitrittsvorbereitungen gegeben hat, steht nun der Ultranationalist Corneliu Vadim Tudor in der Wählergunst ganz oben.

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