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Feierlaune am 1. Mai: Daniel Barenboim am Pult der Berliner Philharmoniker.

© Monika Rittershaus

Europakonzert der Berliner Philharmoniker: Als dicke Bäuche noch halfen

Falstaff und Tschaikowski: Die Berliner Philharmoniker gedenken ihrer Gründung und spielen ausgelassen unter Daniel Barenboim.

Wer unseren Großeltern als stattlich galt, wird heute als fett stigmatisiert. Und was stolz als Insignie für Wohlstand präsentiert wurde, ist nun Hinweis auf einen prekären Speiseplan. Dies sind nicht Falstaffs Zeiten. Im Grunde war Shakespeares Prasser immer ein Ausderzeitgekugelter, lebende Erinnerung an ein Versprechen von Fülle. Und in Bürgerkreisen ungern gesehen. Die Berliner Philharmoniker widmen Falstaff die erste Hälfte ihres Europakonzertes – und ziehen mit Elan wider die Nüchternheit aufs Podium. Unter einem entfesselt taktierenden Daniel Barenboim (animierende TV-Direktausstrahlung) bestreiten sie mit Otto Nikolais „Die lustigen Weiber von Windsor“-Ouvertüre ein zweites Neujahrskonzert.

Entsprechend angeheitert – schließlich feiert das Orchester mit dem Europakonzert seine Gründung vor 132 Jahren – geht es in Elgars symphonische Falstaff-Studie. Philharmonisches Hochgefühl mit beherzten Rettungsversuchen für den dicken Ritter, dessen Ende heraufdämmert: Neuer Glanz geht dabei von der Spitze der Celli mit dem jungen Bruno Delepelaire als Nachfolger für Georg Faust aus, Solofagottist Daniele Damiano kommentiert mit hintergründiger Souveränität. Fette Orchesterzeiten, quicklebendig. Aus Tschaikowskis fünfter Symphonie mit ihrem latenten Vergeblichkeitston zieht mit großer Geste Barenboim viel saftvolles Leben. Das Orchester verströmt sich in breitem Fluss, der mehr Verwirbelung vertragen hätte.

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