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Kultur: Evolution der Bilder

Die Galerie Barthel + Tetzner arrangiert Max Uhlig eine repräsentative Ausstellung zum 65. Geburtstag

Wenn ab März diesen Jahres im neuen Diözesanmuseum in Würzburg neben einem barocken Vera-Ikon-Bild ein Porträt von der Hand des Dresdeners Max Uhlig gezeigt werden wird, ist dies auch als Hommage an ein Werk zu verstehen, das zu den bedeutenden Positionen zeitgenössischer Malerei in Deutschland zählt. Uhlig, der in diesem Sommer seinen 65. Geburtstag feiern konnte, ist produktiver denn je. Grund genug für seinen Berliner Galeristen Gunar Barthel – der Uhlig bereits 1986 in der Chemnitzer Galerie „oben“ ausgestellt hat –, dem Maler und Zeichner eine repräsentative Jubiläumsausstellung zu widmen, die aktuelle mit älteren Arbeiten vereint.

Das in Würzburg beabsichtigte Nebeneinander lässt aufmerken. Ist die Gegenüberstellung des lediglich gemalten Schweißtuches der heiligen Veronika, auf dem sich das Antlitz Christi gleichwohl theologisch beglaubigt abgezeichnet hat, mit dem Bildnis eines nicht näher bekannten Zeitgenossen unserer Tage doch nahe liegend und irritierend zugleich. Motivische Korrespondenzen sind offenkundig: Frontalität, leichte Untersicht und überlange Schädelform erinnern bei Uhlig oft an die aus der christlichen Kunst bekannten Züge des Gemarterten. Gleichwohl darf man sich den an sichtbaren Phänomenen abarbeitenden Künstler keineswegs als durch höhere oder unterbewusste Mächte gelenktes Medium denken.

Und doch: Das malerische und erst recht das zeichnerische Werk Uhligs beruhen auf der Einsicht, dass Substanz und Erscheinung nur in Ausnahmefällen bildlich in Deckung zu bringen sind. Der gern bemühte Vergleich zur écriture automatique oder dem Abstrakten Expressionismus der letzten Jahrhundertmitte verkennt allerdings den Kern von Uhligs Weltsinn. In Menschendarstellungen wie Landschaften – seit drei Jahrzehnten die bevorzugten Bildgattungen – geht es um nichts Geringeres als die Epiphanie permanenter Realitäten. Zum eigentlichen Mittel künstlerischer Einverleibung gerät dabei die Linie. Mal kalligraphisch verschlungen, mal gestisch hingehauen – doch stets mit genauem Kalkül für die plastische Tektonik des Sujets gesetzt.

Mehr noch als die biographische Zurückhaltung gegenüber dem DDR-Kunstbetrieb hat die Tatsache, dass sein Werk als nonkonform galt, Uhlig den Ruf eines Einzelgängers eingebracht. Im Sinne einer wiedererkennbaren Handschrift mag das zutreffen. Übersehen wird dabei, dass er zur wohl letzten Künstlergeneration gehört, die ungestraft einem autonomen, ja emphatischen Werkbegriff huldigen konnte. In seinem künstlerischen Selbstverständnis geht er allerdings noch ein paar Schritte weiter zurück, als es etwa seine westlichen Generationskollegen Gotthard Graubner und Raimund Girke getan haben. Uhlig ist ein Mann des 19. Jahrhunderts. Bildnisse entstehen vor dem Modell oder den Landschaften meist Pleinair – seit zehn Jahren auch in der südlichen Provence auf malereigeschichtlich durch Cézanne und van Gogh bereitetem Boden.

Den unmerklichen Phasenverschiebungen dieses sich evolutionär verbreiternden Oeuvres kann nun in der Ausstellung im direkten Vergleich nachgespürt werden. Der repräsentativen „Nature Morte“ von 1982 (11500 Euro) antworten ein Paar im Sommer 2001 in Südfrankreich entstandene Landschaften, die den seriellen Aspekt von Uhligs Schaffen unterstreichen (je 7600). Eine frühe Porträtzeichnung in Lithotusche bereitet auf die Präsenz der in den Neunzigerjahren entstandenen Bildnisse vor (um 9000). Ein Blick auf das präzise „Kleine Herbstbild“ von 1975/76 sei allen Künstlern und Sammlern empfohlen, die es nicht mehr unter zwei mal vier Metern machen: Monumentalität ist eben keine Frage des Formats.

Galerie Barthel + Tetzner, Fasanenstraße 15. Bis 8. Februar; Dienstag bis Freitag 12-19 Uhr, Sonnabend 11-15 Uhr. Der Katalog, der auch die gegenwärtig in der Hochschule für Bildende Künste Dresden gezeigte Ausstellung dokumentiert, kostet 28 Euro.

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