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Hans Stimmann.

© Stephanie Pilick/dpa

Ex-Senatsbaudirektor: Hans Stimmann: Der Bewahrer

Es gab Zeiten, da brauchte man nur seinen Namen zu nennen und hatte eine Architektur-Kontroverse frei Haus. Und ist es heute so viel anders? Ex-Senatsbaudirektor Hans Stimmann zum 70.

Ein streitbarer Mann ist Hans Stimmann immer gewesen, seitdem er im April 1991 Senatsbaudirektor des eben zum städtebaulichen Aufbruch ansetzenden Berlins wurde. Aber zugleich hat sich sein markantes Profil mit dem buschigen Schnauzbart in die große Geschichte der Wiederherstellung der Stadt eingegraben wie kaum ein anderes. Das neue Berlin sähe ohne seine inspiriernde Kraft anders aus.

Sähe es besser aus? Architektonisch origineller und weniger monoton – Stichworte: Steinfassaden, Blockrandbebauung und die ewige 22-Meter-Traufhöhe? Es ist wahr, dass er in den 15 Jahren, in denen er dem Bauen in Berlin seinen Stempel aufdrückte, unbeirrbar an seiner Linie festgehalten hat: der „kritischen Rekonstruktion“, dem Erbe der Bauausstellung 1987, und an seinem Evangelium, der europäischen Stadt. Das hieß: keine Solitärarchitektur, sondern Vielfalt, Gliederung, erlebbare Räume mit Kontrapunkten und lokaler Temperierung. Die Erneuerung der Stadt sollte sich an ihrer Geschichte orientieren.

Und ist diese Konsequenz, nehmt alles nur in allem, nicht erfolgreich gewesen? Angefangen mit dem Potsdamer Platz, der Urzelle der neuen Stadt, an dem Stimmann seine erste Schlacht schlug – und sie mit seiner legendären Unduldsamkeit gewann – ist aus dem zerrissenen Geviert zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz wieder die Mitte der Stadt geworden. Man kann über vieles streiten, was da emporwuchs. Aber es bleibt sein Verdienst, die Wogen der Investorenwünsche, die springfluthaft über das wiedervereinigte Berlin hineinbrachen, domestiziert und in ein neues Bild der Stadt hineingezwungen zu haben.

In dieser Leistung steckt auch ein gutes Stück einer individuellen Geschichte. Der „vermantschte 68er“ – wie er sich bespöttelte –, das SPD-Mitglied mit der Erfahrung der Berliner siebziger Jahre im Rücken, steht als Architekt und Intellektueller für einen Prozess der Wendung zur Stadt und zum Städtischen, der (Bau-)Geschichte macht. Wie die Diskussion über die Rekonstruktion der Berliner Altstadt zeigt, die er angestoßen hat, ist er noch immer auf dem stadtplanerischen Kriegspfad. Nun ohne Amt unterwegs – Fahrrad, wehender Haarschopf – in seiner Stadt. Heute wird Hans Stimmann siebzig Jahre alt (im Verlag DOM Publishers erscheint der Band „Von der Sozialutopie zum städtischen Haus“ mit Texten und Interviews von Stimmann, 286 S., 28 €). Rdh.

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