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Exklusive Vorschau zum Kurzfilmfestival Interfilm: Revolution und schöner Schein

Das Berliner Festival Interfilm ist mittlerweile eines der größten Kurzfilmfestivals der Welt. Drei Beispiele aus dem Programm stellen wir Ihnen hier vor.

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In seinem 29. Jahr hat sich das Kurzfilmfestival Interfilm viel vorgenommen. Noch bis zum 17. November will es nichts Geringeres als die „Lage der Welt“ zu beleuchten. In fünf Tagen werden 500 Filme aus 67 Ländern gezeigt. Es gibt 60 verschiedene Programme, sieben Wettbewerbe und sieben Veranstaltungsorte.

Thematisch könnte ein Filmfestival kaum breiter aufgestellt sein. Neben dem klassischen Schwerpunkt Animationsfilm haben die Kuratoren Pakete zu Tanzfilmen, Krisendokumentationen oder auch schlicht unter dem Motto "Sex, Drogen, Katastrophen" zusammengestellt. Seit seiner Gründung als Super-8-Filmfest 1982 ist das Festival nach einer wechselhaften Geschichte deutlich gewachsen. Was als kleines Event in der Kunst- und Besetzerszene Kreuzbergs begann, musste sich nach der Wende erst einmal neu arrangieren, sagt Festivalleiter Heinz Hermanns. Das Publikum änderte sich, weitere Spielstätten im Osten der Stadt wurden gewonnen. Mit Erfolg, wie die letzten Jahre zeigten.

Inzwischen kommen Besucher aus zahlreichen Ländern, um eine Woche lang eine der vielfältigsten Formen der Filmkunst zu erleben. Drei besondere Filme aus unterschiedlichen Wettbewerbskategorien sind hier in den nächsten zwei Tagen schon einmal zu sehen. Hinweis: Das Streaming der Videos "EAT" und "Not Anymore: A Story of Revolution" ist nun nicht mehr möglich!

Momentum

Wenn der Tortillachip zum Tanz auffordert

Der Titel ist sprechend: In „Momentum“ geht es um den entscheiden Moment, der ein Leben verändert. Hier darum, wie der Protagonist zum Tanzen kam und wie er dadurch zu sich selbst fand. „Momentum“ beginnt mit dem Essen eines Tortillachips. Die Bewegung des Arms, das Eindippen und das Kreisen des Chips durch die Luft folgen plötzlich einem besonderen Rhythmus und werden zum Gefühlsausdruck.

Der Berliner Film erzählt aber nicht nur von der Entdeckung des Tanzes, er zeigt ihn auch. Auf surreale Weise wird Tanz hier wie eine Art Herzschlag inszeniert. In verlassenen Räumen wird sein Tanz zum Exzess, die Bewegungen des Protagonisten drücken nicht nur das gewählte Thema aus, sondern sind Teil von ihm selbst.

Not anymore: A Story of Revolution

Dem Schrecken in Syrien ein Gesicht geben

Kaum eine Revolution ist medial so bildreich dokumentiert worden wie der Aufstand in Syrien. Viele der Aufnahmen sind dabei anonym entstanden und schwanken zwischen Dokumentation und Inszenierung. Gerade auf Foren wie Youtube werden Filme und Bilder oft kontextlos eingebunden und halten den Betrachter somit auf Distanz.

„Not anymore: A Story of Revolution“ setzt sich in doppelter Weise mit dem Medium Bild auseinander. Einmal ist es Vandykes Film selbst, der einen Teil medialer Dokumentation darstellt. Auf der anderen Seite die Protagonistin Nour, die ihr Leben hinter sich lässt und zur Kamera greift, um ihre sich verändernde Umgebung zu fotografieren. Mit ihren Bildern verleiht sie dem Schrecken ein Gesicht, und Vandyke gibt ihrer Stimme und den Bildern einen Kontext, um von der Welt gehört und verstanden zu werden.

EAT

Zwischen Mode und Bulimie

Es ist nur eine kurze Shooting-Pause, und Helen will sich für einen Augenblick zurückziehen. Auf dem Weg in die Garderobe hört das Model noch die Worte: „Die hat wohl ein paar Kilo zugenommen.“ Dann schließt sich die Tür, und Helen sitzt alleine vorm Spiegel. Sie greift nach dem vor ihr stehenden Joghurt und versucht zu essen. Im Hintergrund Klaviertöne; die Szene verwandelt sich in eine theatrale Choreographie. Nach dem ersten Bissen kann Helen nicht mehr aufhören mit dem Schlingen, und von diesem Augenblick an ist nichts mehr vor ihr sicher.

Moritz Krämer gelingt mit seiner Produktion an der DFFB das ästhetisch beeindruckende Porträt eines Menschen, der nicht nur in der Modelwelt des schönen Scheins gefangen ist, sondern auch in sich selber.

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