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Kultur: Experimentell

Ökos und Öl: die Komödie „I Heart Huckabees“

Wer Öl verbraucht, der mordet Tiere, Atmosphäre und Araber. Das ist Fakt! Aber wenn diese Welt nur temporär ist und das Ich nur eine Illusion – spielt es dann überhaupt eine Rolle, ob ich Öl verbrauche? Die Frage muss erlaubt sein. Zumal sie von Tommy (Mark Wahlberg) kommt, diesem Feuerwehrmann, der nach dem „großen September-Ding“ ziemlich verwirrt ist. Auch Umweltschützer Albert (Jason Schwartzman) ist verwirrt, denn er hat einen seltsamen Afrikaner gleich dreimal getroffen. Ein merkwürdiger Zufall. Oder bedeutungsvolle Fügung?

Wem der Abgrund existenziellen Zweifels derart entgegenklafft, braucht professionelle Hilfe. Vivian und Bernard Jaffé (Lily Tomlin und Dustin Hoffman) betreiben ein Detektivbüro für letzte Fragen, und Tommy und Albert sind dort Kunde. Die Jaffés haben Erfahrung mit kniffligen Fällen, und sie empfehlen stets die Tuch-Therapie: erkenne, dass alles in der Welt wie durch ein großes Betttuch miteinander verbunden ist! Doch während sie sich noch in Alberts Leben hineinspionieren, beginnt von anderer Seite schon das zerstörerische Werk des Nihilismus.

Denn die – selbstverständlich französische – Philosophin Catherine Vaubon (Isabelle Huppert) bringt sich überraschend ins Spiel: von wegen Tuch! Alles ist für sich, einsam und unglücklich. In der Welterklärungskonkurrenz von lichtem Zen-Buddhismus und nachtdunklem Nihilismus gerät das Leben von Albert aus den Fugen. Er wird aus seiner eigenen Aktionsgruppe herausgemobbt – ausgerechnet von seinem arroganten Gegenspieler Brad Stand (Jude Law), Mitarbeiter bei Huckabees, einer Grünflächen verschlingenden Kette von Einkaufszentren.

David O. Russells „I Heart Huckabees“ ist eine seltsame Komödie über die Suche nach der persönlichen Weltformel im traumatisierten Amerika. Und es ist ein weiteres Exemplar aus der Reihe „Der idiosynkratische Film“ – Filme, die vor allem auf sich selbst und die eigene Originalität verweisen. Eine Reihe Filmemacher hat uns hinreißende Werke beschert: „Adaption“ (Spike Jonze), „Punch-Drunk Love“ (P.T. Anderson) oder „Vergissmeinnicht“ (Michel Gondry). Der Drehbuchautor Charlie Kaufmann ist zum Aushängeschild dieser Sorte Film geworden. Doch „I Heart Huckabees“ ist kein Kaufmann-Drehbuch, sondern die Klugscheißer-Version eines solchen. Die Dialoge sind allzu explizit, nicht immer sehr geistreich und streifen oft das Hysterische. Im amerikanischen Original hat das screwballartige Hin und Her noch einen gewissen Groove. In der Synchronisation bleibt davon nur lautes Geschnatter.

„I Heart Huckabees“ fühlt sich an wie ein außer Kontrolle geratener Kindergeburtstag. Schön, dass Regisseure wie Russell noch Risikofilme machen. Manchmal geht das leider auch daneben. Uns bleiben die zauberhafte Grundidee des existenzialistischen Detektivpärchens, einige sehr komische Szenen und das großartige Darstellerensemble – vor allem Hoffman als pilzköpfiger Pädagoge und Wahlberg als leidenschaftlicher Sinnsucher, der mit dem Fahrrad zu den Brandeinsätzen fährt. Russell teilt zwar gegen alle aus, Christen wie Kapitalisten, Ökos und Zens, doch am Ende sind die Sympathien klar auf die Zweifler verteilt. Der böse Brad wird alles verlieren: Haus, Job, Freundin und sogar den Jet-Ski. Albert wiederum geht es – nach schlammfeuchtem Beischlaf mit Madame Nihilisme – wieder blendend. Und das ist vielleicht doch der Beweis, dass alles mit allem verbunden ist. Zumindest durch ausgleichende Gerechtigkeit.

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