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Kultur: Fahren, bis der Arzt kommt

„Höllentour“ untersucht das Glück und Leiden der Radsport-Veteranen

Die Tour de France tut weh. Die Fahrer quälen sich die Alpen hoch oder stürzen massenweise kurz vor dem Ziel. Doch dann ist die Sport-Show im Fernsehen vorbei. Und Pepe Danquarts Dokumentarfilm „Höllentour“ fängt an.

Denn nach dem Sturz kommt die Verarztung, der harte Abend auf dem Zimmer. Die Erschöpfung und der Schmerz nisten sich im Kopf ein. Auch bei den beiden Veteranen Erik Zabel und Rolf Aldag, die Danquart letztes Jahr drei Wochen lang beobachtet hat. Sprintstar Zabel hat seine besten Tage hinter sich, Aldag ist schon immer Helfer für andere. Danquart bleibt nah bei seinen Helden, die seit elf Jahren das Schlafzimmer teilen und sich abends fragen, ob es schlau ist, mit 95 Stundenkilometern auf 21 Millimeter breiten Reifen und mit einer klassischen Seilzugbremse Richtung Tal zu rasen. Die Antwort ist: Lachen.

Der Grund findet sich auf der Straße. Dort schlägt der Rummel bunten Alarm. Zum Soundtrack des Jazzmusikers Till Brönner jagen die Fahrer durch die unbeachtete, wunderschöne Landschaft, über der Fernsehhubschrauber in Angriffsformation fliegen. Momente der Ruhe: eine endlose Reihe an den Straßenrand pinkelnder Fahrer, die mit nur einem Fuß vom Rad gestiegen sind. Oder immer wieder jener Archivar mit alten Schwarzweiß-Bildern, der den Tour-Mythos auf seine Weise verwaltet. Die fast unwirklich grelle Realität von heute wird durch die Nachbearbeitung in „Höllentour“ in mattere Farben getaucht. Das wirkt echter. Und tut auch beim Zuschauen ein bisschen weh.

Cinemaxx Potsdamer Platz, Kant

Matthias Klappenbach

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