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Kultur: Fair oder falsch

Der Staatsanwalt befasst sich erneut mit Kirchner

Vielleicht kommt die Auseinandersetzung um die Rückgabe seiner „Berliner Straßenszene“ gerade von neuem in Gang. Mitte April sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den früheren Kultursenator Flierl und seine Staatssekretärin Kisseler – die bereits eingestellt worden waren – wieder aufgenommen worden. In dem Sonderausschuss, den das Berliner Abgeordnetenhaus im Februar zur Überprüfung der Restitution einsetzte, hat in der vergangenen Woche die Stellungnahme von Ludwig von Pufendorf, dem Vorsitzenden des Freundeskreises des Brücke-Museums – in dem das Bild hing –, den Streit erneut zugespitzt.

Der Vorgänger von Barbara Kisseler, jetzt Rechtsanwalt, legte akribisch nochmals die – weitgehend bekannten – Gesichtspunkte dar, die gegen die Restitution des Bildes sprechen, und unterlegte sie mit einer Fülle von Belegen. Die Verkäufe aus der Sammlung des jüdischen Fabrikanten Alfred Hess seien danach, so sein Schluss, nicht wegen der verfolgungsbedingten Notlage, sondern „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließlich aus privaten finanziellen Zwängen veranlasst“.

Spektakulär wirkt vor allem ein Schreiben aus dem Jahr 1961, das Pufendorf vorlegte. Mit ihm erklärt Hans Hess, der Sohn und Erbe des Sammlers, die Rücknahme seines 1957 gestellten Rückerstattungsantrages, da es ihm nicht möglich sei, „ die erforderlichen Unterlagen bzw. Beweise für einen Entziehungstatbestand beizubringen“. Pufendorf hält der Senatsverwaltung vor, dieses Schriftstück, das im Landesarchiv leicht zugänglich sei, nicht herangezogen zu haben, und kritisiert auch andere unterlassene Nachforschungen und Versäumnisse im Restitutionsverfahren: „Eine ernsthafte Bemühung um eine gerechte und faire Lösung“, so sein Schluss, „hat nicht stattgefunden“. Das Parlament sei gehalten, „den Senat zu verpflichten“, die „Rückabwicklung“ des Vertrags und die „Rückforderung“ des Bildes zu betreiben.

Nach alledem darf man auf die weitere Entwicklung des Falles gespannt sein, nichts zuletzt auf die Argumente, die Flierl und Kisseler dieser Sicht der Dinge entgegensetzen werden. Die nächste Sitzung des Sonderausschusses ist für den 24. Mai anberaumt. Rdh.

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