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Falk Walter: Löwe unter Lämmern

Der Admiral und sein Palast: Falk Walter schmiedet weiter Pläne für Berlin und verbreitet ungebrochenen Optimismus.

Kürzlich wurde Falk Walter von einem Taxifahrer angesprochen, der machte seinem Unmut Luft: "Det is' ja ärgerlich, das det hier mit der Staatsoper nischt wird." Will heißen: Dass die Oper während des Umbaus ihres Hauses Unter den Linden nicht in den Admiralspalast umziehen soll, den Walter betreibt. Die könnten an der Friedrichstraße Geld sparen und jeden Tag 700 Karten mehr verkaufen, meinte der Taxifahrer kopfschüttelnd, so habe das in der Zeitung gestanden, so würde er es machen, wenn man ihn fragen würde. Das Problem ist nur: Ihn fragt keiner. Und Falk Walter auch nicht.

Es herrscht morgendliche Ruhe im Restaurant San Nicci an der Friedrichstraße. Eine entspannte Atmosphäre, um sich mal ausführlich Falk Walters Sicht der Dinge schildern zu lassen. Der Mann ist wütend. Sehr sogar. Er hat eine Idee, die er für die optimale Berliner Lösung hält, er hat ein Konzept, das jedem einleuchtet, er hat die Entwürfe seiner Architekten vor sich auf dem Tisch, und die sehen gut aus. Er will parallel den Admiralspalast und seine Treptower Arena umrüsten lassen, das würde sechs Millionen pro Spielort kosten. Die Pläne der Stadt sehen aber vor, für 23 Millionen das Schillertheater zu einem Musikhaus umzubauen. "Man reißt die Werkstatt ab, in der das Grips Theater spielt, man baut einen Orchestergraben, den man später nie wieder benötigt. Und am Ende hat man trotzdem nur ein mittelmäßiges Ergebnis mit verhältnismäßig schlechter Akustik." Eine Krücke, nennt er das, typisch für die Stadt. Mit dem gesparten Geld, meint Walter, könnte man das Schillertheater ja locker sanieren. Oder in die Bildung investieren. Wenn er sich die Schule so ansehe, auf die seine Tochter geht - traurig.

Aber niemand hört ihm zu. Kulturstaatssekretär André Schmitz sei nicht zu sprechen, der Regierende Kultursenator Klaus Wowereit wolle von dem Thema nichts mehr wissen, der kommissarische Intendant der Staatsoper habe keine Lust, sich zusätzliche Arbeit aufzuhalsen. Die technischen Direktoren des Opernhauses hingegen fänden seine Pläne toll, aber nur hinter vorgehaltener Hand. Nach außen seien sie angehalten, Vorwände zu finden, die gegen seinen Vorschlag sprechen. Zustände wie in einer Diktatur, sagt er.

Der Admiralspalast hat keine finanziellen Schwierigkeiten

Falk Walter hat vor Zeiten einer Diktatur den Rücken gekehrt, die Anekdote über seine abenteuerliche Flucht aus der DDR über den Umweg Mongolei wurde oft erzählt. Er ist ein jungenhafter Typ mit ansteckendem Elan. Er interessiert sich für das Buch, das sein Besucher gerade gelesen hat, er packt aus, was er selbst gerade liest, nicht angeberisch, sondern entflammt: ein Taschenbuch des Philosophen Karl Jaspers: "Von der Weite des Denkens".

Der Titel passt zu Falk Walter. Er ist ein Bastler, der gern erzählt, wie er mit Schnüren an den Händen eine wassergefüllte Tupper-Dose in der Badewanne balancierte und sein Badeschiff erfand. Ein Macher, der oft auf massiven Widerstand stieß, was er aber nicht als Streitlust begriffen haben will. "Vielleicht ist es einfach so, dass ich an Punkten nicht aufhöre, wo andere aufgeben würden, und es deshalb überhaupt zu Konfrontationen kommt." Ein Mann der großen Maßstäbe, der findet, der Kultursenator müsse doch wie ein Löwe um die Kunst in dieser Stadt kämpfen. Stattdessen sieht er sich von Lämmern umgeben. Von Menschen, die historische Chancen verspielen. Die ihm etwa das monströse Spreedreieck vor die Nase setzen, statt den Mies-van-der-Rohe-Turm zu bauen, der dort zu Zeiten der Weimarer Republik mal geplant war.

Eine Absinth-Bar im Keller für das 20er-Jahre-Flair

Natürlich darf man bei all dem auch den Geschäftsmann nicht vergessen. Die Tatsache, dass er Ende November überhaupt noch mal einen Vorstoß unternahm, sich die Staatsoper ins Haus zu holen, obwohl doch alles längst geklärt schien, wirft die Frage auf, ob der Admiralspalast, in den Walter und seine Partner 17 Millionen investiert haben, in finanziellen Schwierigkeiten stecke. Nein, sagt er, man stehe heute wirtschaftlich da, wo man schon 2006 habe stehen wollen. Im ersten Jahr, zugegeben, sei man einige Male knapp an der Havarie vorbeigeschrammt. Und mit der Produktionsfirma von Brandauers "Dreigroschenoper", der Eröffnungsinszenierung, musste er noch bis vor kurzem einen Rechtsstreit führen, weil die wegen der Baustellensituation auf Mietminderung geklagt hatte. Walter hat gewonnen.

Er will ja gar nicht unterschlagen, dass er von der Staatsopern-Lösung selbst profitieren würde. Der Admiralspalast bekäme mehr technische Möglichkeiten, eine Erhöhung des Schnürbodens würde zugleich das Fundament für das historische Schwimmbad schaffen, das er dort plant. Und die Arena soll drei Meter tiefer gelegt werden, was Walter die lichte Höhe verschaffen würde, die für den immer aufwändigeren Konzertbetrieb vonnöten wäre. Das Geld könne er selbst momentan nicht aufbringen. Aber beide Seiten hätten schließlich etwas davon, eine Win-Win-Situation nennen die Business-Füchse so was.

Falk Walter verbreitet, bei aller Erregung, ungebrochenen Optimismus. Im Gegensatz zu manchen Kritikern glaubt er fest, dass der Admiralspalast mehr und mehr an Profil gewinnt. Er schwärmt, mit Mel Brooks "Producers" aus Wien, komme bald außerdem genau die Art von Musical, die er dort immer habe sehen wollen. Sein nächstes Projekt ist eine Absinth-Bar im Keller, die werde auch das 20er-Jahre-Flair noch forcieren.

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