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Kultur: Feuerkinder

SCHREIBWAREN Jörg Plath über Fluchten, Mörder und ein schmutziges Hemd „Die deutscharabischen Kulturbeziehungen sind besser als ihr Ruf“, beteuert das Programm der Literaturwerkstatt für den 26.3.

SCHREIBWAREN

Jörg Plath über Fluchten,

Mörder und ein schmutziges Hemd

„Die deutscharabischen Kulturbeziehungen sind besser als ihr Ruf“, beteuert das Programm der Literaturwerkstatt für den 26.3. Dann werden die Lyrikerin Brigitte Oleschinski sowie die aus dem Irak stammenden Dichter Amal Al-Jubouri und Fadhil al-Azzawi eine CD-Rom vorstellen, die arabische und deutschsprachige Dichtung im Original und in Übersetzung sowie Videos und Fotos enthält. Vielleicht kann der hohe Ton der arabischen Dichtung, die sich der 1400 Jahre alten Hochsprache bedient, komplexe rhythmische Strukturen aufweist und in steter Konkurrenz zur ästhetischen Faszination des Korans verfasst wird, für einen Abend die Fernsehbilder zum Schweigen bringen.

Wer sich für Verschwörungstheorien interessiert, für die es in Kriegszeiten immer Anlässe gibt, dürfte Gefallen an David Grands „Körperfluchten“ (Tropen Verlag) finden. Darin bahnt sich ein aus der Haft entlassener Doppelmörder und Veteran des Ersten Weltkriegs einen Weg durch eine Metropole der Deißigerjahre, durch Kriegsvorbereitungen und Drogenhandel. Grand spielt mit Motiven des Film Noir und montiert Fundstücke zu einem Überwachungslabyrinth ( Literarisches Colloquium , 25.3., 20 Uhr).

Konventioneller, aber formvollendet melancholisch erzählt Michael Krüger von einem Literaturredakteur, dessen Hemd von einem Kind beschmutzt wird. Er folgt der Aufforderung der Mutter, einer „ausgemergelten Blondine“, ihr Haus, „Das falsche Haus“ (Suhrkamp), zu betreten, und wird neu eingekleidet – was nur der Auftakt für allerlei mysteriöse Ereignisse ist ( Akademie , 26.3., 20 Uhr). Wie schafft Krüger das bloß: Die Verlage Hanser und Zsolnay zu leiten und dann auch noch Journalisten aufregende Erlebnisse anzudichten?

Das Floß hat die Maße der elterlichen Wohnung, und auf ihm treiben die Eltern an Bädern und Stränden vorbei. Sie richten die Satellitenschüssel aus, bereiten Essen zu und legen die müden Beine hoch. Patricia Görg erzählt in „Meer der Ruhe“ (Berlin Verlag), wie Margritte gemalt hätte: vom Meer und seinen seltsamen Besuchern, Bewohnern und Bedrängern, die darin tauchen, es überqueren oder auf seinem Grund liegen. Aus den absichtslosen Traumbildern liest Görg am 27.3. im Buchhändlerkeller um 21 Uhr.

Von 1932 bis 1937 lebte Reinhold Schneider (1903-1958) in Potsdam. Schneider war engagierter Christ und Monarchist, der sich im Dritten Reich gegen die Verfolgung der Juden, der Christen und gegen die Beugung des Rechts aussprach. Welche Qual ihm die „mit keiner andern zu vergleichende Stimme“ des Reichskanzlers verursachte, ist dem Erinnerungsbuch „Verhüllter Tag“ zu entnehmen. Anlässlich des 100. Geburtstags liest Mario Adorf im Potsdamer Nikolaisaal aus „Verhüllter Tag“ (27.3., 20 Uhr).

Mit Verheerungen des Dritten Reichs kämpft auch Hester Rosenfeld. In Binnie Kirshenbaums neuem Roman „Entscheidungen in einem Fall von Liebe“ (dtv) verliebt sich die amerikanische Historikerin in den Mittelalterforscher Herbert Falk, dessen Leben sie exemplarisch für die deutsche Nachkriegsgeneration beschreiben will. Liebe und Wissenschaft böten schon genug Zündstoff, aber Rosenfeld ist auch Jüdin, ihre Mutter entkam 1938 mit einem Kindertransport aus Deutschland ( Buchhandlung Starick , Breite Str. 36, Schmargendorf, 20 Uhr).

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