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Techno auflegen ist nicht alles. Virginia, 39, kam in München zur Welt, hat in Frankfurt gelebt und ist seit elf Jahren in Berlin.

© Stephan Redel/Promo

"Fierce For The Night" von Virginia: Funky Facetten

Nicht jeder Berghain-DJ kann singen. Virginia schon! Wie Techno und Pop zusammenpassen, zeigt sie jetzt auf ihrer zweiten Platte "Fierce For The Night".

Schöne Menschen am Strand, die berauscht von sich selbst durch die Nacht tanzen, ganz nach dem Motto, das die Sängerin im Vordergrund immer wieder vorgibt: „I rock – tonight – forever – you and I“. Die Sängerin heißt Virginia und das Partyszenario, das so auch in einer Rum-Werbung auftauchen könnte, stammt aus dem Videoclip des Eurodance-Hits „I rock“ von Tom Novy featuring Virginia, der in England immerhin bis auf Platz 55 in den Charts kam. 18 Jahre ist das her, eine Jugendsünde, könnte man meinen, wenn man bedenkt, dass Virginia heute Resident-DJ im Berghain ist, ein Club, der gerne als exakter Gegenpol zum Kommerztrash von Typen wie Tom Novy angesehen wird.

Doch die Virginia von heute mag die Quatschmusik, die sie damals gemacht hat, immer noch. Eurodance, Zeug wie „Rhythm is a dancer“ von Snap! etwa, sei bis heute ihre geheime Liebe geblieben, erklärt sie an einem warmen Frühsommertag im Garten des Berghain. Sie ist ungemein freundlich und beginnt das Gespräch mit den Worten „Ich fang einfach mal an zu erzählen“, um dann eigentlich ununterbrochen weiterzureden. Nur beim Thema Eurodance verändert sie kurz ihre Tonlage und singt dann sogar ein bisschen.

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Es ist wohl einfach so, dass schon immer zwei Herzen in der Brust der 39-jährigen Deutschbrasilianerin schlagen, die in München geboren wurde und vor elf Jahren nach Berlin kam. Ihr eines Herz schlägt für Pop und Chartstaugliches, für Prince und die inzwischen aufgelösten Moloko, das andere für undergroundigen House und Techno, der mit der Marke Berghain vereinbar ist.

Ein Herz für zwei Welten

Schon in ihrer Zeit in München bewegte sie sich in zwei Parallelwelten. Einerseits war sie die toll aussehende Sängerin, die sich an Popstar-Ruhm heranbewegte, andererseits der glaubwürdige DJ, der im Münchner Szene-Club Flokati regelmäßig auflegte. Und so ging das wellenförmig immer weiter. Sie arbeitete über die Jahre hinweg mit dem Deutschrapper Clueso zusammen, sang mit in Nenas Backingchor, zwischendurch aber legte sie immer weiter Techno und House in Clubs auf. Sie zog irgendwann von München nach Frankfurt, wurde zum Stamm-DJ in Sven Väths inzwischen verblichenem Club Cocoon und nahm unter dem Namen Virginia Nascimento mit „Twisted Mind“ ihre erste eigene Platte auf, die nochmals andere Facetten der Sängerin mit den vielen Talenten zeigte. Entspannter Dance- Pop mit Trip-Hop-Anleihen war da zu hören. Live präsentierte sich Virginia zu der Zeit als Sängerin, die mit einer richtigen Band auftrat.

Die Platte ist ungemein funky

Techno auflegen ist nicht alles. Virginia, 39, kam in München zur Welt, hat in Frankfurt gelebt und ist seit elf Jahren in Berlin.
Techno auflegen ist nicht alles. Virginia, 39, kam in München zur Welt, hat in Frankfurt gelebt und ist seit elf Jahren in Berlin.

© Stephan Redel/Promo

Nun stellt sie mit ihrer neuen Platte „Fierce Of The Night“ scheinbar nochmals alles auf Anfang, wobei ihre Vergangenheit unüberhörbar präsent bleibt. Man kann auch sagen: Die dialektischen Vorwärtsbewegungen Virginias erreichen einen vorläufigen Höhepunkt. Dazu passt auch, dass Virginia ihre DJ-Kunst in letzter Zeit immer öfter mit Gesangseinlagen verbindet. House macht sie jetzt, echten, deepen House, der sich gut im Berghain macht, das ja noch nie der reine Techno-Laden war, als der er oft missverstanden wird. Und doch ist auf dem hauseigenen Label des Clubs etwas vergleichbar Poppiges vorher noch nicht erschienen. Die Stücke auf der Platte sind keine Tracks, sondern echte Songs und einige davon könnte man sich mit etwas Fantasie auch auf einer Playlist im Formatradio vorstellen, zwischen Prince und Tom Novy vielleicht. Oder auch nach „Saving All My Love For You“ von Whitney Houston, die Virginia verehrt wie kaum eine andere Sängerin.

„Fierce Of The Night“ ist ein ziemlich spektakuläres Dance-Album geworden. Eben weil es so viel in sich vereint, am Ende aber doch klar einem roten Faden folgt. Die Platte ist ungemein funky, dauernd passieren unvorhersehbare Dinge, was wohl auch an der Produktionsweise liegt. Sie sei im Teamwork entstanden, erzählt Virginia. Mitgeholfen haben Steffi, ebenfalls Resident-DJ im Berghain und die Produzenten Dexter und Martyn. Vier Freunde hatten gemeinsam viel Spaß, so beschreibt Virginia dieses produktive Miteinander.

Jeder hat seinen Teil eingebracht

Zusammen wurde gejammt und immer wieder hat man sich gegenseitig Files über das Internet zugeschickt, an denen dann mal der eine, dann der andere weitergeschraubt hat. „Steffi hat vielleicht etwas mehr Techno eingebracht, Dexter etwas Soul und Funk, Martyn so einen speziellen UK-Sound“, sagt Virginia. Fertig waren die Stück immer erst dann, wenn alle vier mit dem Ergebnis zufrieden waren. Und da viele Köche nicht immer den Brei verderben müssen, hört sich das Ergebnis dieser Arbeitsweise vielschichtig, aber nie überproduziert an. In einem Stück können sich Partikelchen von düsterem Electro mit kurzen Andeutungen von Dubstep verbinden, ohne dass man dabei auf dem Dancefloor aus dem Tritt kommen würde. Zusammengehalten werden die Nummern sowieso stets von der souligen Stimme Virginias, die über Liebe und große Gefühle singt, über Dinge, „wie ich sie selbst empfunden habe“, wie die Sängerin sagt.

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Was „Fierce Of The Night“ auslösen wird, ist noch nicht abzusehen. Gemeinsam mit Steffi hatte Virginia bereits einen unerwarteten Club-Kracher mit „Yours“, der, so berichtet Virginia, selbst in den USA für einen kleinen Rummel sorgte. Doch nun gibt es ein ganzes Album mit Hit-Potenzial, das wie dafür gemacht ist, die großen Themen der Clubmusik – Ekstase, Freude und Euphorie – auch einem breiteren Publikum näherzubringen.

Nein, Geschichte wiederholt sich nicht: Steffi ist nicht Tom Novy und Virginias heutige Band funktioniert ganz anders als die von Virginia Nascimento. Aber man kann sich gut vorstellen, dass es zu dem einen oder anderen Song aus „Fierce For The Night“ demnächst einen schicken Videoclip mit einer gut aussehenden Sängerin im Vordergrund geben wird. Und dass Virginia nicht nur in Clubs auftritt, sondern in großen Konzerthallen.

„Fierce For The Night“ erscheint bei Ostgut Ton. Am 25.6. legt Virginia bei der Berghain Klubnacht in der Panorama Bar auf.

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