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Kultur: Film des katalanisch-mallorcinischen Regisseurs Agustí Villaronga

Während der Film läuft, hat man ausgiebig Zeit, darüber nachzudenken, warum der spanische, genauer hier der spanisch-balearische Film seit Beginn des Jahrhunderts eine so ausgeprägte Leidenschaft für Blut, Tod, Düsternis, Machotum, religiöse Obsession und fehlgelenktes Begehren unterhält, hegt und für Unsummen unter die Leute zu bringen sucht. Der katalanisch-mallorcinische Regisseur Augustí Villaronga plante diesen seinen sechsten Spielfilm als Lieblingsprojekt seit zwanzig Jahren, offenbar um die Einflüsse seiner Kindheit - anstelle einer Psychoanalyse - zu verarbeiten.

Während der Film läuft, hat man ausgiebig Zeit, darüber nachzudenken, warum der spanische, genauer hier der spanisch-balearische Film seit Beginn des Jahrhunderts eine so ausgeprägte Leidenschaft für Blut, Tod, Düsternis, Machotum, religiöse Obsession und fehlgelenktes Begehren unterhält, hegt und für Unsummen unter die Leute zu bringen sucht. Der katalanisch-mallorcinische Regisseur Augustí Villaronga plante diesen seinen sechsten Spielfilm als Lieblingsprojekt seit zwanzig Jahren, offenbar um die Einflüsse seiner Kindheit - anstelle einer Psychoanalyse - zu verarbeiten. Angesiedelt in seiner Heimat Mallorca um die Zeit des spanischen Bürgerkriegs geht es in dieser Adaptation eines Romans von Blai Bonet um drei Menschen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, die ein Mord in der Kindheit aneinander fesselt.

Ort der dauer-erotisierten Auseinandersetzung zwischen den jungen Tuberkulosekranken Ramallo, Tur und der Nonne Francesca ist ein katholisches Lungensanatorium, in dem junge Männer auf den Tod warten. Carmen, die Frau des Hausmeisters (Angela Molina) kümmert sich dabei nicht nur um die psychischen Nöte ihrer Klientel. Die Handlung unter den drei Hauptprotagonisten kreist unausgesprochen um das Trauma der Krieg-geprägten Kindheit: um Tod, unterdrückte Liebe unter Kindern, Schuld, Schweigen, Scham und einen Katholizismus, der immer herhalten mußte, wenn eigentlich Erziehung und Menschlichkeit gefragt gewesen wären.

Man sieht, wie hier ein handwerklicher Könner sich müht, über sorgfältig gestaltete Bilder und die sich über den bunten Gemäldeschleier ergießende daueranschwellende Musik Einblick in die Seelen seiner Hauptfiguren zu gewähren. Aber irgendwie erreicht man als Zuschauer nie das einzelne Individuum, sondern nur die vielfach abgebildete kollektive Neurose eines Volkes, das durch Katholizismus, Bürgerkrieg, Faschismus und sengende, unerbittliche Sonne sich in einem Zustand befindet, der die Festivalzuschauer - und anderes Publikum wird der Film kaum finden - wie Nachrichten von einem anderen Stern berührt.

Die Bilder immerhin sind bestechend, Hunderte von Jahren spanischer Malerschule liegen Kameramann Jaume Peracaula sichtbar im Rücken und verflechten Schönheit, Eros und Gewalt unauslöschlich miteinander. Dies ist das einzige Plus. Dass der Film überdeutliche Parallelen zum heutigen Begehren und Sterben im Zeitalter von AIDS zieht, rettet ihn leider auch nicht.Heute: 20 Uhr (International), 23.30 Uhr (Royal-Palast)

Simone Mahrenholz

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