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Film über Orson Welles: Eifersucht und Eitelkeiten

Richard Linklaters „Ich & Orson Welles“ ist eine missglückte Verbeugung vor dem Genie des Theater- und Filmrevolutionärs Orson Welles.

Ein Mann revolutioniert das Theater und das Kino. 1941 betritt Orson Welles mit „Citizen Kane“ eine neue Welt, es ist wohl das erste Werk der Filmgeschichte, aus dem man nicht mehr auf den traditionellen Wegen herausfindet. Vier Jahre zuvor stellt er in New York einen Shakespeare in Straßenanzug und Fascho-Uniformen auf die Bühne. „Julius Caesar“ auf dem Weg in den Zweiten Weltkrieg, das europäische Regietheater hatte Amerika erreicht. Und 1938 demonstriert Welles mit dem Hörspiel „The War of the Worlds“ die suggestive Macht des Massenmediums Radio.

In Richard Linklaters „Ich & Orson Welles“ gibt es auch eine Szene im Hörfunkstudio: Das Superhirn, der Überschauspieler schaut vorbei und mischt den Laden auf. Meist aber sitzt man im Mercury-Theater am Broadway und schaut dem extrem egozentrischen Regiediktator (Christian McKay) bei den „Julius Caesar“-Proben zu. Unentschlossen pendelt der Theaterfilm zwischen der Rekonstruktion der legendären Inszenierung und der fiktiven Geschichte des blutjungen Richard (Zac Evron). Unversehens findet er sich auf der Bühne neben dem großkotzigen Star wieder – und im Bett der Regieassistentin Sonja (Claire Danes).

Probenkräche, Eifersucht, die üblichen Eitelkeiten und Nervenzusammenbrüche vor der Premiere: Linklater pinselt all diese Theaterklischees sauber aus. Und quälend langsam. Die Dialoge wirken steif und vorgelesen, keine Spur von Erotik. Bei einer anderen Exkursion trifft Richard die angehende Gretta (Zoe Kazan) im Museum vor einer griechischen Vase. Es ist die Schlüsselszene für Linklaters missglückte Verbeugung vor dem Genie des Orson Welles: eine museale Veranstaltung, durchzogen von Melancholie und einer Sehnsucht nach Aufbrüchen, nach Jugend. Gut anzusehen sind allerdings die Spielszenen aus dem Shakespeare-Drama, aber auch viel zu kurz und zerschnitten. Endlich, als man nach einem lahmen Film Lust bekommt auf vibrierendes Theater, ist das Spiel aus. Orson Welles, der Broadway und der Swing, die schöne alte Welt wird zurückgestellt in die Vitrine. Rüdiger Schaper

In neun Kinos; OmU im Babylon Kreuzberg, OV im Cinestar SonyCenter

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