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Filme: Golden Globes: Ein Preis für "Das weiße Band"

In Los Angeles werden die Golden Globes verliehen – und alle spenden für Haiti.

Sturmböen, Regenschirme, ein völlig durchnässter roter Teppich, Gentlemen, die sich mit Ganzkörpereinsatz schützend vor ihre Begleiterinnen werfen, Diven, die um ihre Kleider und Frisuren fürchten und ungewohnt eilig ins Beverly Hills Hotel stürzen – sofern sie nicht so glücklich sind wie Mo’Nique, die temperamentvolle Schauspielerin, die als beste Nebendarstellerin in dem Sozialdrama „Precious“ ausgezeichnet wird: „Ich habe die perfekte Frisur für dieses Wetter. Mein Haar sitzt bombenfest. Ich könnte in einen Swimmingpool springen.“ Regen in L.A., das ist ein Ereignis, welches selbst eine Golden-Globes-Verleihung überschatten kann. „Kaum regnet es in L.A., drehen alle durch“, spottet ein ungewohnt bärtiger George Clooney, der seine Freundin Elisabetta Canalis beschirmt.

Doch ein Naturereignis ganz anderer Art stand im Zentrum der diesjährigen Golden-Globes-Verleihung. Rot-blaugelbe Solidaritätsschleifen zieren die Revers von vielen Abendgarderoben, Haiti ist das Zentralthema auf dem roten Teppich wie später in der Veranstaltung, bei der Nicole Kidman von der Bühne aus die Fernsehzuschauer in aller Welt dazu aufruft, für die Opfer der Erdbebenkatastrophe zu spenden. Das Unbehagen, an einer glamourösen Preisverleihung teilzunehmen, während in Haiti unvorstellbare Zustände herrschen, äußern sie alle, Preisträgerin Meryl Streep ebenso wie Laudatorin Julia Roberts. Die große Filmfamilie Hollywood erweist sich, wie so oft in Notlagen, an diesem Abend eindrucksvoll einig und spendabel.

Schon zuvor hatte die ausrichtende Hollywood Foreign Press Association mitgeteilt, 100 000 Dollar für Soforthilfe zu spenden. Kevin Bacon fordert am roten Teppich seine Fans auf, auf seiner privaten Website für Haiti zu spenden, George Clooney wirbt für ein Benefizkonzert, das er am Freitag organisieren will, mit Bono, Sting, Justin Timberlake, Christina Aguilera und Alicia Keys: „Ich sehe hier einige, die ich gern noch dabei hätte.“ Eine weiße Limousine wird signiert, die später zugunsten der Erdbebenopfer versteigert werden soll, die Schauspielerin Olivia Wilde stellt ihr schwarzsilbernes Gucci-Kleid nach der Show zur Verfügung, Mickey Rourke, der schon gespendet hat, kann sich von seinem Anzug hingegen nicht trennen: „Ich werde meine Schuhe spenden.“

Auch Sandra Bullock, die – doppelt nominiert – schließlich den Preis als beste Hauptdarstellerin für das Sportdrama „The Blind Side“ bekommt, hat schon eine Million Dollar gespendet: „Ich habe das Geld nun mal, dann muss ich das auch tun.“ Und James Cameron erwägt, einige der Millionen, die er gerade mit „Avatar“ einspielt, zugunsten von Haiti zu spenden: „Es sind herzzerreißende Bilder, die wir sehen. Ich würde mich am liebsten sofort in ein Flugzeug setzen, um vor Ort zu helfen.“

Cameron war mit „Avatar“ erwartungsgemäß der große Gewinner des Abends – mit einem Film, bei dem es darum geht, wie ein Naturparadies vor der Zerstörung gerettet werden kann. Der 55-Jährige erhielt Preise für den besten Film und die beste Regie und nutzte die Gelegenheit, noch einmal dafür zu werben, wie anders seine 3-D-Animation sei, verglichen mit üblichem Zeichentrick.

Der Golden-Globes-Erfolg gilt als Gradmesser für die Oscars – bitter für Filme, die sich ebenfalls Chancen ausgerechnet hatten. Jason Reitmans Farce „Up in the Air“ zum Beispiel, mit einem glänzend aufgelegten Clooney, der gleichwohl gegenüber Jeff Bridges als Country-Musiker in „Crazy Heart“ unterlag – Reitman musste sich mit ein Trost-Drehbuchpreis zufriedengeben. Oder Kathryn Bigelow, deren brisantes Irakdrama „The Hurt Locker“ gegenüber dem Blockbuster ihres Exmanns James Cameron zurückstehen musste. Und auch Quentin Tarantino kann mit seinen „Inglourious Basterds“, immerhin viermal nominiert, allenfalls einen Achtungserfolg verbuchen.

Einen Erfolg allerdings, der hierzulande besonders erfreuen dürfte. Christoph Waltz, der für seine Darstellung des aasigen SS-Manns Hans Landa schon in Cannes die Goldene Palme gewonnen hatte, erhielt den Golden Globe als bester Nebendarsteller und bedankte sich gewohnt gewunden mit einer Hommage an Tarantino: „Er nahm meine bescheidene kleine Welt, meinen Globus, und mit der Kraft seines Talents, seiner Worte und seiner Vision schleuderte er ihn in seinen Orbit, eine atemberaubende Erfahrung.“

Noch ein zweiter Österreicher freute sich, und Deutschland gleich mit: Michael Haneke hat mit seinem in Deutschland gedrehten und produzierten Film „Das weiße Band“ nach der Goldenen Palme und dem Europäischen Filmpreis auch den Globe als bester fremdsprachiger Film gewonnen. „Auf meinem Schreibtisch wird es nun etwas anders aussehen“, erklärte er auf die Frage, was sich mit dem Preis für ihn verändert. Vielleicht wird es bei ihm nach der Oscar-Verleihung am 7. März noch anders aussehen.

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