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Kultur: Filmemacher müssen stur sein

„Love the Hard Way“: Gespräch mit Regisseur Peter Sehr

Ihr Film basiert auf einem Roman von Wang Shuo. Wie kam es zu der Stofffwahl?

Ich habe den Protagonisten in mir selbst wiedergefunden: einen Mann, der Angst hat, er werde abhängig von seinen Gefühlen, wenn er ihnen nachgeht. Deshalb bremst er die Liebe. Und dieser Typ, dieser Kleingangster und heimliche Lyriker, wird gezwungen, auf sich selbst zu schauen.

Warum haben Sie die Geschichte von Peking nach New York verfrachtet?

In New York gibt es fast nur Fremde. Selbst wenn man dort nicht lebt, fühlt man sich deshalb nicht eigentlich fremd. Alle Lebensarten existieren nebeneinander, in einer total chaotischen, offenen Gesellschaft.

NewYork-Bilder gibt es im Kino ohne Ende.

Der deutsche Zuschauer kennt New York und Los Angeles in der Tat besser als Düsseldorf und Hamburg. Doch es gibt dort unendlich viele Drehorte. Mein New Yorker Koproduzent hielt es für viel zu gefährlich, in der South Bronx zu drehen. Wir taten es trotzdem, und es war kein Problem. Die New Yorker selbst haben also auch ein stereotypes Bild ihrer eigenen Stadt. Dabei ist die größte Herausforderung die Beiläufigkeit: etwas zu erzählen, was einfach da ist, ohne den Gestus des Zeigens zu betonen.

Was unterscheidet amerikanische von deutschen Dreharbeiten?

Es ist industrieller, routinierter. Das hat Vorteile, aber auch den Nachteil der Unflexibilität. Die Teams sind größer, und der Requisiteur würde, das sind die Gewerkschaftsregeln, niemals beim Verlegen der Kameraschienen helfen. Ich habe nie jemanden am Set rennen sehen, egal wie eilig wir es hatten. Und ich bin wahnsinnig ungeduldig!

Sie sind kein Jungfilmer mehr und hatten mit „Kaspar Hauser“ großen Erfolg. Wie nehmen Sie die einheimische Branche wahr?

Es mangelt nicht an Geld, sondern an Selbstbewusstsein und an Aufbruchsstimmung. Wir sollten Geschichten erzählen, die lokal, aber präzise sind, Geschichten wie „Die Unberührbare“ zum Beispiel. Da es oft schwierig ist, nach dem ersten einen zweiten und dritten Film machen zu können, lastet ein immenser Druck auf dem ersten Film, und man geht auf Nummer Sicher. Aber der Mittelweg ist falsch, wir müssen wagemutig sein.

In Ihren Filmen – in „Obsession“, beim „Serbischen Mädchen“ oder auch jetzt – geht es oft um sehr eigensinnige Menschen.

Vielleicht liegt das daran, dass man sehr stur sein muss, um einen Spielfilm zu realisieren. Und in „Love the Hard Way“ ist es Claires Sturheit, die den Helden dazu zwingt, seine seelischen Betonmauern zu sprengen.

Eine Frau prostituiert sich aus Liebe zu einem Mann – ein heute noch glaubwürdiger Plot?

Sie verletzt sich selbst, um ihm etwas klar zu machen. Claire ist eine Tochter des Feminismus, sie hat einen ganz anderen Stolz auf die Differenz als die Generation ihrer Mutter. Sie prostituiert sich, aber sie unterwirft sich nicht. Am Ende folgt er ihr, nicht umgekehrt.

Das Gespräch führte Christiane Peitz.

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