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Filmfest: Kamera läuft: Nach der Berlinale ist vor der Berlinale

Die Bären-Lounge wird abgebaut, der Rote Teppich eingerollt: Das Kinofest verschwindet aus dem Stadtbild. Doch die nächsten Filme werden schon gedreht.

Regelmäßig am letzten Tag kriegt die Berlinale den Blues. An diesem Sonntag immerhin mit Sonne, das lindert, aber es bleibt der Blues. In den Kinos laufen noch die letzten Filme, gleichwohl dominiert das Gefühl allgemeiner Auflösung. Der Vorverkauf am Potsdamer Platz: geschlossen. Der Souvenirshop: eine Resterampe. Pressezentrum, Bären-Lounge: zerlegt und in Kisten verpackt. Auf den Straßen werden Absperrgitter auf Lastwagen gehoben, selbst die Videowand vor dem Berlinale-Palast mag nicht mehr. Gerade noch raste dort Liam Neeson im Taxi durch Berlin, kurz danach beginnen die Bilder zu haken. Endzeitstimmung. Stars? Alle weg.

Neeson war ohnehin nicht zur „Unknown“-Gala gekommen, dreht im Norden Kanadas „The Grey“, kämpft darin gegen hungrige Wölfe – eine akzeptable Entschuldigung, die eigene Premiere zu schwänzen. Auch Moritz Bleibtreu, Hauptdarsteller in „Mein bester Feind“, konnte sie vorweisen, hätte es aber nicht so weit gehabt: Sein Drehort heißt Berlin, wenngleich die kürzlich in der Friedrichshainer Zwingli-Kirche gedrehte Szene in Moskau spielt. In dem Thriller „Im Jahr der Schlange“ spielt Bleibtreu unter der Regie von Dennis Gansel einen Berliner Klatschreporter, der in der russischen Hauptstadt ein Boulevard-Magazin aufmöbeln soll und in ein Labyrinth aus Terror und Verbrechen gerät. Der Kirchenbau in der Rudolfstraße, vom Gottes- zum Kulturhaus umgewidmet, mimte den Moskauer Soho-Club, im Film eine Oligarchen-Disko mit teilweise fragwürdigem Publikum. Noch bis Ende des Monats laufen die Dreharbeiten, die nach Landshut, Kiew, Moskau und eben Berlin führten.

Ein Beispiel für die weiterhin steigende, auf dem Festival gepriesene Anziehungskraft des Filmstandorts Berlin, der auch für internationale Produktionsfirmen immer attraktiver wird – durch die Fördermittel, die in Studios und bei anderen Anbietern gebündelte Kreativität und nicht zuletzt die Vielfalt der Drehorte. Für die nächste Berlinale muss man sich also um Nachschub aus der Region nicht sorgen.

Auch Detlev Buck hat für sein aktuelles Projekt „Rubbeldiekatz“, eine an „Tootsie“ erinnernde Komödie mit Matthias Schweighöfer, wieder Berlin als einen der Hauptschauplätze gewählt. Anfang Januar begannen die Dreharbeiten, im Tiergarten etwa, im Adlon, im RAW-Tempel in der Revaler Straße und auch im Studio Babelsberg, kürzlich ging es weiter nach Hamburg und Sankt Peter Ording.

Auch Bucks nächstes Projekt ist in Sicht: Unlängst hat das Medienboard Berlin-Brandenburg 900 000 Euro für die 3-D-Verfilmung von Daniel Kehlmans „Die Vermessung der Welt“ zugesagt. Hauptfiguren sind der Göttinger Mathematiker Carl Friedrich Gauß und der Berliner Naturforscher Alexander von Humboldt. Der Roman spielt teilweise in Berlin, einige Szenen in der Preußenresidenz dürften drin sein.

Weiter gediehen sind drei Projekte, in die Studio Babelsberg involviert ist. Im März beginnt dort und in der Umgebung der Dreh zu „Hansel and Gretel: Witch Hunters“ (Regie: Tommy Wirkola), eine ActionHorrorkomödie, die Grimms Geschwisterpaar 15 Jahre nach dem Lebkuchenhaus-Abenteuer zeigt: als professionelle Hexenjäger. Die Titelrollen spielen Jeremy Renner und Gemma Arterton (Bond-Girl in „Ein Quantum Trost“), Oberhexe ist Famke Janssen („GoldenEye“). Ebenfalls im Frühjahr startet Oliver Schmitz’ Projekt „Russendisko“, die Verfilmung von Wladimir Kaminers Buch, mit Schweighöfer in der Hauptrolle – und dem Autor in einer Episode als Verkäufer falscher Mauersteine. Drittes Babelsberger Projekt ist Sherry Hormanns Verfilmung des Kultbuchs „Anleitung zum Unglücklichsein“ des Psychologen Paul Watzlawick. Für die Münchener Constantin schließlich beginnt Doris Dörrie im April in Berlin die Verfilmung von „Glück“, einer Episode aus Ferdinand von Schirachs Justiz-Bestseller „Verbrechen“.

Für all diese Filme braucht man den roten Teppich noch lange nicht, aber einstauben wird er kaum. Gestern wurde er in der Kulturbrauerei ausgerollt, zur Premiere des Animationsfilms „Rango“. Heute kommen Jennifer Aniston und Adam Sandler zu „Meine erfundene Frau“ ins Cinestar am Potsdamer Platz, und am Dienstag feiern am selben Ort Daniel Brühl und DFB-Präsident Theo Zwanziger mit der Premiere von „Der ganz große Traum“ den Fußball-Pionier Konrad Koch. Die Berlinale zu Ende – na und?

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