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Filmfestival: Zu wenig getrommelt

Schwerer Verlust: Das ursprünglich in Berlin gegründete „Doku.Arts“-Filmfestival läuft jetzt im Amsterdamer Filmmuseum.

Der Dokumentarfilm boomt, auf der Berlinale, beim Festival von Cannes und sogar im normalen Kino. Doch Berlin hat gerade, fast unbemerkt, ein besonderes Dokufilmfest verloren. Im Mai 2006 war an der Akademie der Künste vom Berliner Filmemacher Andreas Lewin „Doku.Arts“ als „Internationales Festival für Filme zur Kunst“ gegründet worden. Man startete ambitioniert, mit Produktionen über ein Licht-Wasser-Projekt des Großkünstlers Olafur Eliason oder Adam Lows fabelhaftem Film über den Maler Francis Bacon, präsentierte Seltenes über den Pianisten Glenn Gould oder den Architekten Norman Foster, schaute nach Kuba und China.

Beim zweiten Mal, im September 2007, schien „Doku.Arts“ in Berlin dann schon etabliert, der Auftakt mit Ariane Mnouchkines Pariser „Théâtre du Soleil“ in Kabul oder eine filmische Hommage an Louise Brooks, die 95-jährige First Lady der internationalen Gegenwartskunst, sorgten europaweit ebenso für Aufmerksamkeit wie Entdeckungen beim jungen Marlon Brando oder dem gerade verstorbenen Robert Altmant. Aber: Am kommenden Mittwoch beginnt die dritte Ausgabe von „Doku.Arts“ im Filmmuseum von Amsterdam, Andreas Lewin ist mit seinem Festival nach Holland verzogen.

Offenbar hatte man da in Berlin etwas nicht kapiert. Dieses viertägige Festival ist nicht nur ein weiteres unter zahlreichen Dokufilmevents (am bekanntesten hierzulande das Leipziger Dokumentarfilmfestival). Lewins Schau ist als einzige nicht allgemein der Politik oder Zeitgeschichte gewidmet, sondern den Künsten. Also Filmkunst im doppelten Sinn. Darum hätte das Festival als internationales Unikat so gut gepasst zur Berliner Akademie der Künste. Man hätte es zur weiteren Absicherung organisatorisch noch mit den Berliner Festspielen und der Berlinale verknüpfen, aber weiterhin im Frühsommer oder im Herbst belassen können.

Doch bei der Finanzierung haben sich notwendige Helfer schon früh und offenbar ignorant geziert. Nele Hertling und Hans Helmut Provinzler, der langjährige Direktor des Berliner Filmmuseums und Leiter der Berlinale-Retrospektive, hatten sich als Akademie-Mitglieder für „Doku.Arts“ von Anfang an engagiert. Aber, so Andreas Lewin: „Die um Unterstützung gebetene Bundeskulturstiftung bewertete das Projekt als ,zu unspezifisch’, die Filmförderung Berlin-Brandenburg dagegen lehnte es ab als ,zu spezifisch’. Und dann ist auch noch der Hauptstadtkulturfond ausgefallen.“

Sofort eingesprungen ist freilich Amsterdam. Als man dort hörte, dass derBerliner Akademie der Künste die etwa 80 000 Euro für „Doku.Arts“ zu viel geworden waren (bei einer Million Euro Programmetat pro Jahr), übernahmen die Holländer Doku.Arts mit Kusshand. Lewin: „Weil im Amsterdamer Filmmuseum auch mehr Infrastruktur vorhanden ist, kann ich hier für 70 000 Euro ein wunderbares Festival machen, mit über 30 Filmen aus aller Welt. Für das Programm und mich ist das gut, nur schade für Berlin.“ Das findet auch Johannes Odenthal, der neue Programmdirektor der Akademie, in der auch andere Mitglieder Lewins Arbeit schätzten, obwohl der Vierzigjährige als „kein ganz pflegeleichter Künstler“ galt. Regine Herrman von der Sektion Darstellende Kunst: „Man hätte hier für das Festival viel stärker trommeln und den Kulturstaatsminister Neumann als erfahrenen Filmpolitiker ansprechen müssen!“

Nun will sie im September in der Akademie Andreas Lewins eigenen neuen Film über den kürzlich 80 Jahre alt gewordenen Schauspieler Thomas Holtzmann zeigen: ein leises, eindrucksvolles Künstlerporträt, live präsentiert von Holtzmanns Lieblingsregisseur Luc Bondy. Peter von Becker

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