zum Hauptinhalt

Kultur: Final Destination

Rüdiger Schaper über das Traumland Amerika Antiamerikanismus? Wahrscheinlich gibt es das gar nicht.

Rüdiger Schaper über das

Traumland Amerika

Antiamerikanismus? Wahrscheinlich gibt es das gar nicht. So wie es wohl auch keinen hieb und stichfesten Atheismus gibt. Damit sei freilich nicht gesagt, dass Amerika in dieser Welt mit Gott gleichgesetzt werden muss. Es ist eine Frage der Alltagskultur, der Freizeitindustrie, der Bilder und Codes, der Historie und der Traumpfade in unseren Köpfen. Sie erscheinen westlich-amerikanisch durch und durch – weil letztlich auch die Ideen der gesellschaftlichen Aussteiger, der Hippies, der APO, der NGO’s und der Globalisierungsgegner amerikanischer Natur sind.

So verwundert es nicht, dass das US-Filmbranchenblatt „Variety“ Entwarnung gibt: In Deutschland, aber auch in der Veto-Nation Frankreich dominieren amerikanische Produktionen die Charts, von „Manhattan Love Story“ über „Final Destination 2“ bis „Gangs of New York“. In der Popmusik bietet sich trotz Irak-Krise das gleiche Bild. Dass viele Hollywood-Stars gegen den Krieg protestieren, macht den Konsum natürlich angenehmer. Es ändert aber nichts an der Grundhaltung: Coca-Cola ist klebrig gut für den Magen, Burger schmecken oder schmecken nicht, Susan Sontag schreibt langweilige Romane und brillante Essays, George W. Bush ist nicht Amerika, und „antiamerikanischer“ als Ex-Präsident Jimmy Carter argumentiert derzeit kaum ein Politiker.

Der konservative „Economist“ hat auf ein interessantes Phänomen hingewiesen: Nicht Europa, Amerika ist alt. Die älteste Demokratie, die ältesten Parteien, die älteste noch gültige Verfassung – alles in Amerika. Dazu gehört auch die Praxis der Todesstrafe.

In Texas soll heute, wenn der Supreme Court nicht doch noch interveniert, ein 43-jähriger Schwarzer hingerichtet werden. Die Jury, durchweg weiß, hat ihn des Mordes an einem weißen Jungen für „schuldig“ befunden. Das Verbrechen liegt über zwanzig Jahre zurück, die Beweislage ist höchst problematisch. Der Todeskandidat war zur Tatzeit drei Autostunden vom Tatort entfernt. Dagegen stehen die Angaben von zwei Drogenabhängigen und Kriminellen, einer davon ein bezahlter Polizeiinformant.

Dieser barbarische Fall wirft ein bezeichnendes Licht auf das ganze transatlantische Für und Wider dieser Tage. Die Proteste und Emotionen gegen Bush sind eben auch begründet in der Angst um Amerika. Um Bürgerrechte, ums Völkerrecht. Es geht um Amerika als Idealbild, nicht als Feindbild.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false