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Kultur: Fitnesswahn und Sexsucht

Kleine Form - großer Nimbus.Das tänzerische Solo hat Konjunktur, wird aber gern mystifiziert.

Kleine Form - großer Nimbus.Das tänzerische Solo hat Konjunktur, wird aber gern mystifiziert.Es bietet die Chance der künstlerischen Selbstbefragung und Positionsbestimmung, gleitet aber nicht selten in gefällige oder quälerische Selbstdarstellung ab.Wenn nun das Solo-Festival im Theater am Halleschen Ufer als "SoloDuoFestival" neu aufgelegt wird, wird dem Ego-Trip behutsam gegengesteuert.Das tanzende Selbst trifft auf der Bühne schon mal auf ein anderes Selbst, ohne daß alle Tänzer sich in Szene setzen - viele suchen diesmal Zusammenarbeit mit einem Choreographen.

Der heitere Auftakt des Festivals zeigt erneut, daß die Briten in puncto Performance mit allen Wassern gewaschen sind und nicht naiv in die Selbstbespiegelungsfalle tappen.In "Please help yourself" nimmt die superbe Fiona Gordon mit feiner Ironie Zuschauer-Erwartungen und Bühnen-Konventionen aufs Korn.Nein, erstens ist sie gar nicht gewillt, dem Publikum ihr innerstes Selbst zu enthüllen.Da wo sie sich in sieben Schritten dem Zuschauer annähern will, damit man einen kostbar intensiven Moment miteinander teile, da widersetzt sich der Körper, die elektrisierten Glieder scheinen ein Eigenleben zu führen, auch das Zusammenspiel von Körper und Technik erweist sich als störungsanfällig.Jan Pusch, ehemals Tänzer bei Neumeier, hat die intelligente und unterhaltsame Studie choreographiert, die den Riß zwischen Impuls und Bewegung, zwischen privatem Selbst und Bühnendarstellung kenntlich macht.

In "What the bird heard" von Ami Garmon wird der ganze Körper zum Sensorium, das selbst feinste Vibrationen erspürt.Doch die eigenwilligen Körperbilder vermögen nur bedingt zu fesseln.Der walisische Tänzer Marc Rees erzählt in Form von beiläufig-skurrilen Erinnerungen und persönlichen Anekdoten von den keuchenden Strapazen der Mannwerdung.Angela Guerreiro läßt ihren Protagonisten in "Caligula Disco" sich auf vergnügliche Weise an den Männlichkeitsbildern abarbeiten, thematisiert wird auch die Grenze zwischen dem Öffentlichen und Privaten.In knappem Sportdress nimmt der Brite Fitnesswahn und Sexsucht aufs Korn.Auf der Suche nach einer sexuellen Identität greift Marc Rees zum Schwulenporno, übt sich in Disco-Posen.Die Irrungen und Wirrungen kulminieren in einer Huldigung an Burt Reynolds - 100prozentige, pure Männlichkeit! Der gewitzt-agile Performer weiß um die Schwierigkeit, im Zeitalter der Medien noch eine persönliche Geschichte zu erzählen.

SoloDuoFestival, 5.und 6.März: Performances von Constanza Macras, Antje Rose, Sven S.Beyer und Gisela Müller, Theater am Halleschen Ufer, 21 Uhr.

SANDSRA LUZINA

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