zum Hauptinhalt

Kultur: Fliegen fangen

Der australische Brutalo-Western „The Proposition“

John Hillcoat hat einen der brutalsten, verstörendsten Knastfilme aller Zeiten gedreht: „Ghosts ... of the Civil Dead“ (1988) wurde in Australien zensiert, soll aber auch zu Reformen im Strafvollzug geführt haben. Als Komponist, Drehbuchautor und Darsteller stand ihm damals Nick Cave zur Seite. Nun hat dieses Team einen Western gedreht, und auch er ist nicht gerade einer jener nostalgischen, konservativen Art, die eines Tages im Vormittagsprogramm landet.

Der Vorspann: Familienfotos, unterlegt von einer Ballade. Dann, plötzlich: dieselbe Familie, aufgebahrt. Liebevoll zurechtgemacht, aber tot. Freunde der Familie wollen die Mörderbande hängen sehen, ergreifen den jüngsten, noch unschuldigen Bruder des Haupttäters und peitschen ihn halbtot – was eine Racheaktion der Bande heraufbeschwört. Zwischen den Fronten: Charlie Burns (Guy Pearce) gehört zu den Banditen, hat aber als einziger von ihnen strahlend weiße Zähne. Der – titelgebende – Vorschlag an ihn lautet: Liefere uns deine Komplizen aus, und du bist ein freier Mann.

Hillcoat und Cave haben das Drehbuch zu „The Proposition“ verfasst. Gedreht wurde in Australien ohne jeden Komfort: Die brütende Hitze ist genauso echt wie die Fliegen auf den Gesichtern der Darsteller. Visuell und musikalisch dient der Italo-Western als Vorbild. Die zunächst leise, um Authentizität bemühte Musik dröhnt beim Showdown, als wäre sie von Rammstein. Gewalt wird sparsam eingesetzt, tut aber umso mehr weh. Am meisten sorgt der Zuschauer sich um die zarte Emily Watson, die als Frau des britischen Captains (Ray Winstone) in einer feindlichen Welt überleben muss.

Das Gute, immerhin, erzielt einen Teilsieg: Ein paar Anständige dürfen überleben. Freude aber löst das nicht mehr aus, nur Erleichterung. Frank Noack

Central am Hackeschen Markt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false