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Kultur: Fliegen lernen

Was haben sie gemeinsam? Nur das, was eigentlich keine Rolle spielen soll.

Was haben sie gemeinsam? Nur das, was eigentlich keine Rolle spielen soll. Dass sie zufällig Ehefrauen sind, auch noch Ehefrauen berühmter Maler. Wenn man selbst Künstlerin ist, kann das hinderlich sein. Oder hilfreich. Je nachdem, ob man schnell bekannt werden will oder um der eigenen Leistung willen gewürdigt. Und je nachdem, wie eng die Zusammenarbeit ist. Bei Paaren wie den Filmregisseuren Jean-Marie Straub und der gerade verstorbenen Daniele Huillet oder bei dem Kameramann Michael Ballhaus mit seiner Frau Helga, auch bei Christo und Jeanne-Claude oder Brecht und Elisabeth Hauptmann ist die Zusammenarbeit symbiotisch. Den Ruhm bekommt trotzdem zumeist nur der Mann.

Auch bei Rosa Loy ist man zunächst versucht zu sagen: sieht aus wie Neo Rauch. Gegenständliche Malerei aus Leipzig, Restspuren von sozialistischem Realismus, eine kühle, surreale Szenerie, absurde, oft auch absurd komische Konstellationen. Abstrakte Titel wie „Basis“, „Läuterung“, „Transformation“ oder „Tinktur“, Frauen in Uniform, Frauen im Bad, Frauen, die über den Gartenzaun andere beobachten, die im Feuer schmoren. Stiefel, Zöpfe, Kartenspieler. Hauptsächlich weibliches Personal, oft taucht ein Zwillingspaar auf. Eine große Gelassenheit legen diese Frauen an den Tag, eine große Selbstsicherheit auch. Sie können sich durchaus verteidigen, auch gegen ihre männlichen Konkurrenten. Man sähe die Bilder trotzdem gern einmal gemeinsam mit denen von Neo Rauch. Sie halten es aus (Galerie Wilma Tolksdorf, Zimmerstraße 88-89, bis 31. Oktober).

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Auch bei Oda Jaune , Immendorff-Schülerin und -Lebensgefährtin, gibt es großformatige Malerei und viele Frauen. Sackhüpfend im Ganzkörper-Latexanzug, fliegend in den Wolken, barbusig in der Landschaft. Surreal auch hier die Szenerien: ein mutiertes Walross, eine Meerkatze im Wald, Müllhalden, Kadaver. Die Farben schlammig, düster, mehr Magritte und Max Ernst als de Chirico, an den Rosa Loys Bilder erinnern. Bei der 1979 geborenen Bulgarin herrschen Oberflächenglanz und düstere Sinnlichkeit vor, ein Hauch von Trash und Porno. Oda Jaune nimmt ihre Motive aus Illustrierten und Reise-Erinnerungen, versetzt sie in bedrohliche Traumszenerien. Nur manchmal tauchen ein Mann, ein Kind auf, winzig und auch sackhüpfend, die Frau überragt sie bei Weitem. Selbstbewusst, auch diese Kunst (Galerie Davide de Maggio, Sophienstraße 21, bis 25. November. Preise auf Anfrage).

Christina Tilmann

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