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Florian Karsch in seiner Galerie Nierendorf.

© Thilo Rückeis

Florian Karsch gestorben: Freund der Künstler

Mit 90 Jahren ist der Berliner Galerist Florian Karsch verstorben. Er führte die berühmte Galerie Nierendorf wieder zu Ansehen.

Florian Karsch war ein Doyen der Berliner Galeristen, ein Sensibler, dem die Pflege der Klassischen Moderne, aber auch nachfolgender, figurativer Künstler am Herzen lag. Nach dem Krieg gründete er zusammen mit seiner Mutter Meta Karsch die traditionsreiche Galerie Nierendorf wieder neu und führte sie zurück zu internationaler Anerkennung. Nachdem sich die Mutter von dem Bildhauer Joachim Karsch hatte scheidenlassen, heiratete sie Josef Nierendorf, den großen Berliner Galeristen, der zusammen mit seinem Bruder Karl die Geschäfte führte. Ihre Berliner Galerie war während der Nazizeit geschlossen worden, der Bestand der New Yorker Dependance wurde nach dem Tod von Karl Nierendorfkonfisziert. Dass Karsch das Erbe der Brüder Nierendorfantreten würde, entsprach zunächst gar nicht seinen eigenen Plänen, nachdem er Zoologie studiert und seine Dissertation über Gottesanbeterinnen geschrieben hatte. Doch es sollte anders kommen. Verheiratet mit der Malerin Inge Loewe war Karsch bald klargeworden, dass sein Interesse an der Kunst überwog. Mit den Resten aus dem Nachlass eröffneten seine

Mutter Meta und er1955 in Tempelhof wieder eine Galerie. 1963 zog das Unternehmen in die Hardenbergstraße am Bahnhof Zoo um. Sie nahm sich vor allem jener Künstler an, die schon von den Nierendorfs vertreten wurden: Ernst Barlach, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Lyonel Feininger, vor allem George Grosz und Otto Dix. Die beiden verhalfen engagiert jenen Künstlern wieder zu Ansehen, die von den Nazis verfolgt worden waren. Mit Grosz war Florian Karsch befreundet, mit Dix gut bekannt. 1972 hat Karsch das Werkverzeichnis der Graphik von Otto Dix vorgelegt, zwei Jahre später das von Otto Mueller. Dessen Blätter hatte er über die Jahre beinahe vollständig gesammelt. Zwischen 2003 und 2011 folgte die dreibändige Bestandsaufnahme des Gesamtschaffens seines1945 verstorbenen Vaters Joachim Karsch, von dessen Plastik und grafischen Arbeiten.

Über die Jahre entwickelte sich Florian Karsch zu einembegehrten Experten, der immer wieder als Gutachter angefragt wurde, wenn es darum ging, Fälschungen zu erkennen. Für Aufsehen sorgte 1975 der Fall Mrugalla, bei dem unter anderem gefälschte Grafik von Otto Mueller auf den Marktgelangt waren. Die Unterlagen, die Florian Karschs kunstkriminalistischen Aktivitäten dokumentieren, füllen 28 Ordner. Obwohl Galerist hielt er von einer Wertschätzung der Kunstüber Marktpreise wenig. Man müsse unterscheiden zwischen Kunst-und Marktwert, sagte er einmal: "Ich kann nur hoffen, dass der interessierte Liebhaber erkennt, was ein wichtiger Künstler und was ein Ideenhandwerker ist." Mit 90 Jahren ist Florian Karsch am 2. Oktober verstorben.

Jens Grandt

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