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Kultur: Flüstern im Schnee

Wirklich spannend wird das Konzert des Ensemble Oriol erst, als zum Abschluß Stella Doufexis singt.Ob die Kantate "Il pianto di Maria" nun von Händel stammt oder von Giovanni Battista Ferrandini, ist völlig gleichgültig, wenn so packend gesungen und gespielt wird.

Wirklich spannend wird das Konzert des Ensemble Oriol erst, als zum Abschluß Stella Doufexis singt.Ob die Kantate "Il pianto di Maria" nun von Händel stammt oder von Giovanni Battista Ferrandini, ist völlig gleichgültig, wenn so packend gesungen und gespielt wird.In drei Arien wird die Trauer Marias unter dem Kreuz dargestellt, und Doufexis gestaltet sie zum bewegenden Höhepunkt des Abends.Schon zu Beginn des Konzerts im Kammermusiksaal hatte das Ensemble Oriol mit Matthew Lockes Instrumentalsätzen zur Oper "Psyche" erneut bewiesen, daß spannende Barockmusik nicht unbedingt historische Instrumente benötigt.Wenn sich die Musiker nur Gedanken machen, was sie spielen und was sie damit sagen möchten, können diese Kompositionen auch auf Stahlsaiten äußerst farben- und abwechslungsreich gespielt werden.

Im schärfsten Kontrast zum spannenden Beginn und Abschluß des Konzerts standen die zeitgenössischen Werke in der Mitte.Viel zu lange sprechen, flüstern und singen ein Knabensopran, eine Mezzosopranistin und ein Baß die Worte "Zeit", "Raum" und allerlei anderes über einem Septimakkord des Orchesters.Der erste Teil des neuen Werks "Schnee" von Johannes Harneit gibt ausreichend Gelegenheit, darüber nachzudenken, wieviel angenehmer man seine Zeit in einem anderen Raum verbringen könnte.Im zweiten Teil zitiert Harneit ausgiebig aus der Operngeschichte, immer wieder erklingen geliehene Aufschwungformeln, die dann doch nur in einen heillos verstimmten Orchesterakkord münden.Das wird vom Ensemble Oriol zwar hochvirtuos gespielt, hat aber keinen Sinn und keinen Zweck, keinen Anfang und kein Ende.Wieder einmal wird die Binsenweisheit auskomponiert, das klassisch-romantische Repertoire sei uns nur mehr in Bruchstücken rezipierbar.

Auch bei "Twenty-Three" von John Cage macht sich schnell Langeweile breit.23 Streicher sind im Kammermusiksaal verteilt und spielen, was sie wollen.Natürlich läßt sich diese Beliebigkeit intellektuell zum Ereignis stilisieren, emotionalen Gehalt hat sie jedoch nicht.

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